Spinnfäden bestehen hauptsächlich aus Eiweißen, die wiederum aus Ketten von sogenannten Aminosäuren aufgebaut sind. Beim Vergleich der Aminosäuren der Fäden von Gartenkreuzspinne und Goldener Seidenspinne bemerkte Gosline einen wesentlichen Unterschied: Die Aminosäure Prolin trat bei der Gartenkreuzspinne häufiger auf.
Bei trockenen Spinnfäden bewirkte der erhöhte Prolingehalt kaum einen Unterschied in den Eigenschaften. Anders sah es bei feuchten Fäden aus: Die Länge der Fäden der Gartenkreuzspinne schwankte je nach Feuchtigkeitsgehalt, und die Fäden der Goldenen Seidenspinne waren bis zu zehnmal steifer. Auch die Temperatur beeinflusste die Fäden der Gartenkreuzspinne stärker: wie ein Gummiband war sie bei höheren Temperaturen leichter dehnbar. Die Spinnseide der Goldenen Seidenspinne dagegen verhielt sich bei unterschiedlichen Temperaturen gleich, ähnlich wie eine Sprungfeder.
Der Eigenschaften der Fäden der Gartenkreuzspinne erklärt Gosline mit ihrem relativ hohen Prolinanteil von 16 Prozent. Prolin sei dafür bekannt, gut organisierte dreidimensionale Strukturen in einer Proteinkette durcheinander zu bringen. In den Fäden der Gartenkreuzspinne befindet es sich vor allem in den Verbindungsregionen zwischen kristallartigen Strukturen. Dadurch werden die Verbindungsstücke laut Gosline ungeordneter und flexibler.
Spinnfäden sind zum Teil stärker als Stahl oder Nylon. Forschung und Industrie sehen in dem Material viele mögliche Anwendungen für die Zukunft und versuchen deshalb, die Fäden auch künstlich im Labor herzustellen.