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Das Geheimnis der Wespenspinne

Erde|Umwelt

Das Geheimnis der Wespenspinne
Wespenspinne
Eine weibliche Wespenspinne (Argiope bruennichi) in ihrem Netz. (Bild: Tree4Two/ iStock)

Die Wespenspinne ist durch ihre Streifen nicht nur äußerlich auffallend – auch ihr Inneres erweist sich als ziemlich ungewöhnlich. Denn wie eine Studie enthüllt, beherbergt diese Spinne in allen ihren Geweben eine bisher völlig unbekannte Bakterienart. Diese Mikroben machen mehr als 90 Prozent des gesamten Mikrobioms der Wespenspinne aus. Diese ungewöhnliche Dominanz könnte darauf hindeuten, dass die Bakterien mit ihrem Wirt in enger Symbiose leben.

Die Wespenspinne ist kaum zu übersehen: Mit einer Körpergröße von bis zu 23,5 Millimetern und einem auffällig geld-weiß-schwarz gebänderten Leib ist Argiope bruennichi nahezu unverwechselbar. Ursprünglich nur im Mittelmeerraum verbreitet, hat sich diese eigentlich wärmeliebende Spinnenart in den letzten hundert Jahren stetig weiter nach Norden ausgebreitet. Mithilfe ihres Netzes fängt und frisst sie vor allem größere Insekten wie Heuschrecken oder Hautflügler. Ähnlich wie bei der berüchtigten Schwarze Witwe kommt bei der Wespenspinne auch Sexualkannibalismus vor.

Spurensuche im Mikrobiom

Obwohl die Biologie der Wespenspinne so gut erforscht ist wie die kaum einer anderen Spinnenart, blieb ein Aspekt bisher im Dunkeln: ihr Mikrobiom. „Die Interaktion von Tieren und Mikroben ist ein fundamental wichtiger Aspekt der Tierbiologie, dessen Einfluss von der Embryonalentwicklung bis zur Systemökologie reicht“, erklären Monica Sheffer von der Universität Greifswald und ihre Kollegen. Auch wir Menschen werden in starkem Maße von unserer Darmflora und anderen mikrobiellen Mitbewohner geprägt. Doch während das Mikrobiom von Wirbeltieren und von Insekten schon relativ gut untersucht ist, ist über die mikrobiellen Mitbewohner von Spinne nur wenig bekannt.

Deshalb haben Sheffer und ihr Team nun die Wespenspinne gezielt auf ihr Mikrobiom hin untersucht. Dafür entnahmen sie Proben aus verschiedenen Geweben von Spinnen, die in Greifswald und in Estland gesammelt worden waren. Diese Proben unterzogen sie dann einer DNA-Analyse. Die dabei erhaltenen DNA-Sequenzen verglichen die Forscher dann mit den bereits in weltweiten Datenbanken gespeicherten Bakterien-Genomen. Das ermöglichte es ihnen, die in den Zellen und Geweben der Spinnen verborgenen Bakterien aufzuspüren und zu identifizieren.

Unbekannte Mikrobe dominiert

Das Ergebnis: Tatsächlich besitzt auch die Wespenspinne bakterielle Mitbewohner. Doch statt viele etwa gleich häufige Arten aufzuweisen, besteht ihr Mikrobiom zu fast 85 Prozent aus nur einer einzigen Mikrobenspezies. Diese „Dominanter Unbekannter Symbiont von Argiope bruennichi“ (DUSA) getaufte Bakterienart aber ist bislang völlig unbekannt – in den Gendatenbanken gibt es keine Entsprechung. „Ohne weitere Genanalysen ist eine phylogenetische Einordnung dieser Art nicht möglich“, berichten Sheffer und ihre Kollegen. „DUSA repräsentiert höchstwahrscheinlich einen ganz neuen Zweig der Bakterien.“

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Die Genvergleiche legten aber nahe, dass diese Spezies eng mit den Tenericutes verwandt sein könnte, sehr einfachen, kleinen Bakterien ohne Zellkern, die häufig parasitisch in anderen Zellen leben. Sheffer und ihr Team vermuten deshalb, dass auch DUSA in enger Symbiose mit den Zellen und Geweben der Wespenspinne lebt. „Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, ob die Beziehung zwischen der Wespenspinne und DUSA pathogen, kommensalisch oder mutualistisch ist“, erklären die Forscher.

Ein wichtiger Symbiont?

Auffallend ist aber, dass sich diese unbekannte Spezies in nahezu allen Geweben der Spinne findet. Untersuchungen von Jungspinnen ergaben zudem, dass auch die Jungtiere der Wespenspinnen diese Mikroben bereits in sich tragen. Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht dies dafür, dass diese Mikroben für die Spinne und ihre Biologie offenbar eine wichtige Rolle spielen. Möglicherweise haben sie sogar dazu beigetragen, der Wespenspinne die Ausbreitung auch in nördlichere, kältere Gefilde zu erleichtern. Als nächstes wollen die Forscher nun untersuchen, ob auch andere Spinnenpopulationen dieses Bakterium in sich tragen und ob der Symbiont die Verbreitung der Spinne Richtung Nordeuropa tatsächlich beschleunigt haben könnte.

Quelle: Universität Greifswald; Fachartikel: Microorganisms, doi: 10.3390/microorganisms8010008

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