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Die große Flut in Island

Erde|Umwelt

Die große Flut in Island
Feuer und Eis – die Elemente, die Island prägen. Das Aufeinanderprallen dieser Elemente hat eine der größten Flutwellen verursacht, die je über die Insel gerollt ist. Der Ausbruch des Vulkans Bardarbunga im Gebiet des Vatnajökull, dem größten Gletscher Europas, hat ungeheure Mengen Schmelzwasser erzeugt, die sich nun ihren Weg bahnen. Rund 45.000 Kubikmeter von Asche schwarzegfärbtes und nach Schwefel stinkendes Schmelzwasser suchen sich pro Sekunde ihren Abfluß zum Meer.

Begonnen hatte alles am 29. September. Der Bardarbunga im Nordwesten des Vatnajökull wurde durch ein Erdbeben der Magnitude 5 auf der Richterskala erschüttert. Eine Bewegung der Erdkruste in nordwestlicher Richtung hatte das Beben ausgelöst. Anschließend folgte eine Reihe schwächerer bis mittelschwerer Erdstöße.
Im Eis des Gletschers zeigten sich tiefe Risse und Spalten. Schon nach dem ersten Beben klaffte im Gebiet des Loki, eines weiteren Vulkanes im westlichen Teil des Vatnajökull, ein sechs bis acht Kilometer langer Bruch. 36 Stunden später sprudelte aus diesem Bruch Magma.
Anfangs blieb die Eruption noch unter der 450 Meter dicken Eisdecke verborgen. Doch am 2. Oktober um sieben Uhr morgens platzte der Eispanzer auf. Gewaltige Explosionen schleuderten 500 Meter hohe Aschefontänen und eine füf Kilometer hohe Wasserdampfwolke in den Himmel. Wo Lava und Eismassen kollidierten, bildeten sich ungeheure Mengen von Schmelzwasser. Mit 400 bis 700 Kubikmeter pro Sekunde – mehr als dem 200fachen der normalen Wassermenge – floß es in eine Vertiefung beim Grimsvötin, einem weiteren Vulkan im Westen des Gletschers. Zusätzlich bildete sich ein rund 400 Meter breiter und etwa 2 Kilometer langer Canyon, in dem sich ebenfalls Schmelzwasser aufstaute. Am 13. Oktober war die Eruption am Bardarbunga zwar vorbei, der Wasserzustrom hielt aber noch mehrere Tage an. Mehr als 3 Kubikkilometer Wasser stauten sich auf.

Diese Wassermassen überfluten nun weite Teile des Südostens von Island. Der Schaden ist immens. Vor allem die Zerstörungen an der Küstenstraße, der Hauptverkehrsader Islands, treffen die Inselbewohner schwer. „Im Straßenbau wirft uns das um 20 bis 30 Jahre zurück,“ meinte der Ministerpräsident Islands, David Oddsson, nachdem er von einer Besichtigung des Überflutungsgebietes zurückkam. Erste Schätzungen beziffern die Kosten für die Reparaturarbeiten auf rund 25 Millionen Mark. Warum die Flut so lange auf sich warten ließ ist den Experten noch nicht klar. Sicher dagegen ist, daß von der Flutwelle direkt keine Menschen bedroht sind. Für die Fischer könnte das Ereignis sogar einen positiven Nebeneffekt haben. Nach neuesten Erkenntnissen isländische Forscher wirken sich die Gletscherläufe günstig auf die Kabeljaubestände vor der Küste aus. Grund ist möglicherweise der Nährstoffeintrag durch das Schmelzwasser

Prinzipiell sind die Ereignisse, die sich am Vatnajökull abspielen nicht ungewöhnlich. Schon immer treffen an dem größten Gletscher Europas, der rund 8300 Quadratkilometer bedeckt, wie an vielen anderen Stellen Islands Feuer und Eis aufeinander. Daß die Insel ein so heißes Pflaster ist, liegt an ihrer einzigartigen Lage: Sie sitzt über einem Hot Spot, einer im Erdmantel verankerten Magmaquelle – ähnlich wie Hawaii. Zusätzlich befindet sie sich aber noch auf der Naht zwischen zwei tektonischen Platten, aus denen ständig Magma quillt.
Doch Gefahr droht bei Islands Vulkanen eben nicht nur durch Lava und Asche, sondern auch durch die riesigen Wassermassen, die bei manchen Ausbrüchen unter dem Eis freigesetzt werden: Es kommt zu einem Gletscherlauf (isländisch: jökulhlaup), wie er schon oft am Grimsvötn beobachtet wurde. In dessen 600 Meter tiefer Senke liegt das größte Geothermalfeld Islands mit einer Leistung von 2500 Megawatt. Ständig schmilzt hier das Gletschereis, wodurch sich ein See unter der 250 Meter mächtigen Eisdecke gebildet hat. Etwa alle fünf Jahre entleert er sich in einem Gletscherlauf über den Fluß Skeidará ins Meer: Bis zu 9000 Kubikmeter Wasser schießen dann pro Sekunde in den Nordatlantik. Auf dem Satellitenbild sind die Ausdehnung des Vatnajökull und die Hauptabflüsse des Schmelzwassers gut zu erkennen.

Die Isländer haben aufgrund ihrer Erfahrungen mit Gletscherläufen Vorkehrungen getroffen, um etwaige Schäden gering zu halten. Der südlich des Gletschers vorbeiführende Hauptverkehrsweg Islands ist mit seinen Brücken über den Gletscherflüssen so ausgelegt, daß er der Flut standhalten kann. Die letzten, allerdings schwachen Gletscherläufe im Juli 1995 und August 1996, waren keine Bedrohung für Straße und Brücken. Doch der Ausbruch des Bardarbunga vom 2. Oktober war von anderem Kaliber. Nur dreimal in diesem Jahrhundert kam es zu heftigeren Eruptionen.
Inzwischen ist die Flutwelle abgeebbt. Der riesige Schmelzwassersee hat sich innerhalb von drei Tagen – wesentlöich schneller als normal – entleert. Island blickt den größten Gletscherlauf seit 1938 zurück.

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Sebastian Jutzi
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