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Die Neuentdeckung verschütteter Empfindungen

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Die Neuentdeckung verschütteter Empfindungen
Ein 56-jähriger Mann kann dank einer Handtransplantation 35 Jahre nach der Amputation seiner rechten Hand wieder Berührungen spüren ? und zwar aufgrund einer unerwarteten Gedächtnisleistung seines Gehirns: Der Tastsinn für die neue Hand ist in derselben Hirnregion lokalisiert wie vor der Amputation, berichten US-Neurowissenschaftler. Dies ist umso erstaunlicher, als dass die Amputation bereits so lange zurückliegt und das Hirnareal, das früher für die Verarbeitung von Sinnesinformationen aus der Hand zuständig war, in der Zwischenzeit üblicherweise andere Funktionen übernimmt. Die Entdeckung trage zum Verständnis der Reorganisation des Gehirns bei, erklärt Scott Frey von der Universität von Oregon in Eugene.

Der heute 56-jährige Patient verlor seine rechte Hand im Alter von 19 Jahren bei einem Arbeitsunfall. Bis zu der Transplantation im Dezember 2006 trug er eine Prothese. Während der Operation verbanden die Mediziner die Hauptnerven, Knochen, Sehnen und Muskeln einer Spenderhand mit dem Stumpf des Mannes. Vier Monate später spürte der Patient zum ersten Mal Berührungen am Handballen unterhalb des Daumens und seitlich am Daumenansatz der transplantierten Hand.

Um zu testen, welche Hirnregionen aktiv sind, wenn die Hand oder das Gesicht des Patienten gereizt werden, untersuchten die Forscher ihn mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie. Es zeigte sich, dass die Empfindungen der transplantierten Hand im selben Hirnareal verarbeitet werden wie die sensorischen Signale der eigenen Hand vor der Amputation. Schon allein die Erkenntnis, dass das Gehirn die Umstrukturierung während all der Zeit ohne Hand wieder rückgängig zu machen scheint, ist bemerkenswert, erklärt Frey. Für noch erstaunlicher hält er indes die Tatsache, dass dieser Vorgang eintritt, obwohl das Gehirn des Patienten zum Unfallzeitpunkt schon voll entwickelt war. Die Ergebnisse seien somit sehr bedeutsam für das Verständnis der Flexibilität des Gehirns bei Erwachsenen und in der Neurorehabilitation.

Zum Zeitpunkt der Untersuchung spiegelte sich das Handareal nur grob im Gehirn wider. Dies sei auf die Aktivität der Hauptverbindungsnerven zurückzuführen, erläutern die Forscher. Sie können daher noch nicht sagen, ob und wenn ja, wie sich die Hirnaktivität noch verändert, wenn sich auch die feineren Nerven regeneriert haben.

Im Allgemeinen beginnt das Gehirn schon wenige Stunden nach dem Verlust eines Körperteils, die Regionen umzunutzen, die bis zu diesem Zeitpunkt Sinneswahrnehmungen aus dem entsprechenden Glied verarbeitet haben. Bisher ist allerdings noch nicht bekannt, wie das genau funktioniert und wie lange diese Umstrukturierung dauert.

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Scott H. Frey (Universität von Oregon in Eugene) et al.: Current Biology, Online-Vorabveröffentlichung vom 9. Oktober ddp/wissenschaft.de ? Sonja Römer
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