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Die sprechenden Affen von Atlanta

Erde|Umwelt

Die sprechenden Affen von Atlanta
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Drei Zwergschimpansen verstehen Englisch besser als mancher Europäer. Sie schreiben auf dem Computer, scheinen zu sprechen und lügen auch mal, wenn sie ihren Willen nicht durchsetzen können. Kanzi, Panbanisha und Nyota sind liebenswerte “Intelligenzbestien” – und Paradetiere für die Erforschung von Sprache, Denken und kognitiver Evolution.

Die kleine Frau mit den wachen Augen und der manchmal etwas brüchigen Stimme wirkt ruhig und zurückhaltend. Wer mit ihr spricht, kann sich kaum vorstellen, daß sie zuweilen kreischend im Labor tobt, auf Tische schlägt und sich mit haarigen Wesen balgt, die sie an Kraft weit übertreffen. Sue Savage-Rumbaugh, Mitte 50, ist Professorin am 1981 gegründeten Language Research Center der Georgia State University in Atlanta – und Ziehmutter der kommunikativsten Menschenaffen der Welt. Aber sie hält sich bescheiden zurück und überläßt ihren “Stars” die Bühne – allen voran den Bonobos (oder Zwergschimpansen) Kanzi, Panbanisha und Nyota. In den 70er Jahren hatten Sue Savage-Rumbaugh und ihr späterer Mann Duane Rumbaugh angefangen Schimpansen und Bonobos abstrakte Symbole, die sich auf einer Computertastatur befanden, beizubringen. Diese Symbole, so genannte Lexigramme, stehen für einzelne Wörter wie “Banane”, “auf”, “im”, “Eimer”. Der inzwischen 20-jährige Kenzi beherrscht heute über 250 dieser Wortsymbole. Später zeigte sich, dass Kenzi auch die Bedeutung von Hunderten von englischen Wörter kennt. Er kann die Wörter Objekten, Fotos, Handlungen und auch Lexigrammen zuordnen. Noch sprachbegabter ist seine 5 Jahre ältere Schwester Panbanisha. Diese überraschte die Forscherin zudem kürzlich mit Zeichnungen auf dem Boden. Die Strichmuster sahen den Lexigrammen verblüffend ähnlich – Panbanisha hatte zu schreiben begonnen. Die Sprachforscher stehen den Forschungen allerdings skeptisch gegenüber. Noam Chomsky vom Massachusetts Institute of Technology, der weltweit einflussreichste Linguist, hält die Vorstellung von sprechenden Affen für Wunschdenken. “Es ist als wolle man Menschen fliegen beibringen.” Selbst die Affenforscher sind von Kenzis Begabung nicht unbedingt überzeugt. Herbert Terrace, Psychologe an der Columbia University erklärt sich Kenzis Können durch Training und Nachahmungslernen. Mit einem neuen Lexigramm-Computer will Sue Savage-Rumbaugh nun feststellen, inwiefern noch weitere Fähigkeiten in den Bonobos stecken. Der neue Computer ermöglicht komplexere grammatikalische Konstruktionen und erzeugt per Tastendruck das passende englische Wort. Hohe Erwartungen setzt sie dabei auf Panbanishas 2-jährigen Sohn Nyota.

Als die Forscherin in den 90er Jahren wilde Zwergschimpansen im Kongo beobachtete, entdeckte sie bei diesen komplexe Verständigungsprozesse. Für genauere Untersuchungen bleibt allerdings nicht mehr viel Zeit. Durch verschiedene Zivilisationseinflüsse ist ihre Art heute stark gefährdet. Die Beschäftigung mit dem Affen hat auch einen ganz praktischen Nutzen gefunden. So werden Lexigramme bereits eingesetzt, um mit stark geistig und sprachbehinderten Menschen zu kommunizieren.

===Rüdiger Vaas
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