Was sich bei den Lernvorgängen im Gehirn abspielt, haben die Wissenschaftler mit einem Entscheidungsspiel am Computer untersucht. Dabei gerät ein Proband mit Rechts- und Linksbewegungen in neue Situationen und verdient sich am Spielende eine finanzielle Belohnung. Bei den 18 Studienteilnehmern wurde der Prozess der Entscheidungsfindung im Gehirn mit der funktionellen Magnetresonanz-Tomographie beobachtet. Dabei machen schnell durchgeführte Schichtaufnahmen des Gehirns Durchblutungsveränderungen sichtbar, die ein Computer in Bilder der aktiven Hirnbereiche umrechnet.
Beobachtet wurden zwei eigenständige Lernsignale: Beim modellfreien Lernen waren Aktivitäten im Striatum zu sehen, einem Areal unter der Großhirnrinde. Beim modellbasierten Lernen dagegen waren die Nervenzellen in zwei Bereichen der Großhirnrinde aktiv, dem präfrontalen Cortex und dem Scheitellappen. Das modellbasierte System erlernt die Struktur der virtuellen Umgebung wie ein Schachspieler, der Spielsituationen berechnet, schreiben die Wissenschaftler. Der Lernerfolg durch Versuch und Irrtum dagegen half, quasi blind Entscheidungen zu fällen, die schon in der Vergangenheit Vorteile brachten. „Beim Lernprozess werden also zwei verschiedene Fehlersignale in verschiedenen Gehirnbereichen verarbeitet“, erklärt Gläscher. Grund ist ein Effizienzgewinn: Nur bei nicht automatisch ablaufenden Alltagshandlungen mobilisiert der Mensch sein modellbasiertes System, das dem Gehirn eine größere Verarbeitungsleistung abfordert.
Gläscher war seit 2006 wissenschaftlich am California Institute of Technology in Pasadena beheimatet. 2009 hat er den mit 1,25 Millionen Euro dotierten Bernstein Preis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verliehen bekommen. Mit der Förderung werden exzellente deutsche Nachwuchswissenschaftler aus dem Ausland zurückgelockt. Gläscher baut derzeit am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) eine selbständige Arbeitsgruppe auf, die neurowissenschaftlich Entscheidungsfindung in Verhaltensexperimenten untersucht.