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Ein bisschen Sprache

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Ein bisschen Sprache
US-Forscher haben einem vollständig gelähmten Mann ein kleines Stück seiner Sprachfähigkeit zurückgegeben: Dank einer direkt ins Sprachzentrum eingesetzten Elektrode kann der Patient, der am Locked-In-Syndrom leidet, über einen Computer drei Vokale produzieren ? einfach, indem er an die Laute denkt. Normalerweise können Menschen mit diesem Syndrom maximal ihre Augäpfel oder Augenlider bewegen und damit weder über Muskelkontraktionen noch über ihren Sprechapparat kommunizieren. Mit dem neuen System sei nun zum ersten Mal eine Schnittstelle zwischen Gehirn und Elektronik konstruiert worden, die Hirnsignale direkt in Sprache umwandelt, berichtete Studienleiter Frank Guenther von der Boston University auf einer Tagung.

Die meisten Brain-Computer-Interfaces (BCI) registrieren Hirnströme mit Hilfe von Elektroden, die außen am Schädel angebracht sind. Sie werden im Moment vor allem eingesetzt, um Menschen nach dem Verlust von Gliedmaßen eine gedankliche Kontrolle ihrer Prothesen zu ermöglichen und um Gelähmten eine Möglichkeit zu geben, einen Computercursor zu bedienen. Allerdings können sich bei diesen System die Elektroden recht leicht verschieben ? mit der Konsequenz, dass sie die falschen Signale messen und das BCI neu kalibriert werden muss.

Da Guenther und sein Team jedoch dauerhaft die Impulse auffangen wollten, mit denen das Sprachzentrum den Sprechapparat steuert, implantierten sie ihrem Patienten eine Elektrode direkt in die entsprechende Hirnregion. Das Bauteil war dabei so imprägniert, dass es das Nervenwachstum förderte und sich auf Dauer immer fester im Gehirn verankerte. Nach der Operation brachten die Forscher dem Probanden bei, gezielt an bestimmte Vokale zu denken, und zeichneten dabei die von der Elektrode registrierten Signale auf. Diese wurde dann in einen Computer mit angeschlossenem Synthesizer eingespeist und mit dem entsprechenden Vokal verknüpft. Auf diese Weise produziert der Computer jedes Mal, wenn der Mann etwa an ein “A” denkt, praktisch ohne Zeitverzögerung den Laut “A”.

Mittlerweile schaffe der Patient so bereits drei Vokallaute mit einer hohen Genauigkeit und einer Geschwindigkeit, die der von normaler Sprache gleiche, berichtete Guenther. Langfristig ? schätzungsweise innerhalb der nächsten fünf Jahre ? soll der Proband nun lernen, Konsonanten zu produzieren und diese dann mit den Vokalen zu ganzen Wörtern zu kombinieren. Guenther hofft zudem, in ähnlichen Fällen in Zukunft dank einer verbesserten Technik mehr Details der Hirnaktivität aufzeichnen zu können, beispielsweise durch das Verpflanzen von mehreren Elektroden.

Frank Guenther (Boston University) et al.: Beitrag auf dem Jahrestreffen der Society for Neuroscience, Washington ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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