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Ein typisches Home-Run-Gesicht

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Ein typisches Home-Run-Gesicht
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Breites Gesicht: Dieser Mann könnte gute Chancen beim Baseball haben. Bild: Thinkstock
Wer etwas über bestimmte Charakterzüge eines Mannes herausfinden wollte, für den gab es bisher vor allem einen Tipp: einfach die Fingerlängen von Zeige- und Ringfinger vergleichen, und schon weiß man, ob das Gegenüber zu Dominanz und Aggressionen neigt oder ein eher sportlicher Typ ist. Doch es geht möglicherweise auch noch einfacher: Ein Blick ins Gesicht kann nämlich offenbar ähnlich viel über einen Mann aussagen wie der auf die Finger. Eine neue Studie belegt jetzt beispielsweise, dass erfolgreiche Baseballspieler ein breiteres Gesicht haben als weniger gute. Schuld an dem Zusammenhang ist übrigens mal wieder das männliche Geschlechtshormon Testosteron.

Obwohl er zunächst etwas befremdlich klingt, ist der Zusammenhang zwischen Fingerlängenverhältnis und bestimmten charakterlichen und körperlichen Merkmalen mittlerweile recht gut belegt: Wer einen im Verhältnis langen Ring- und einen eher kurzen Zeigefinger hat, ist statistisch gesehen sportlicher, dominanter, psychisch stabiler, reaktionsschneller, risikobereiter und auch aggressiver. Das hat laut den Forschern, die sich mit diesem Thema beschäftigen, einen recht einfachen Grund: Das Längenverhältnis zwischen Zeige- und Ringfinger hängt, ebenso wie die Persönlichkeitsstruktur, von der Menge der männlichen Hormone ab, mit denen man als Ungeborenes im Mutterleib in Kontakt kommt. Ist sie recht hoch, wird nicht nur der Ringfinger im Vergleich länger, es entsteht gleichzeitig auch eine dominantere, männlichere Persönlichkeit.

Doch was, wenn man die Hände des Gegenübers gar nicht sehen kann und trotzdem auf die Schnelle wissen will, ob jemand dominant oder eher sanftmütig ist? In diesem Fall hilft offenbar ein Blick ins Gesicht, legen ein paar Studien aus den letzten Jahren nahe. Denn zumindest bei Männern scheint es auch einen Zusammenhang zwischen den Gesichtszügen – genauer gesagt: zwischen dem Verhältnis von Länge und Breite des Gesichts – und eben jenen Eigenschaften zu geben, die mit der Fingerlänge korrelieren. Wer ein breiteres Gesicht hat, hat beispielsweise einen kräftigeren Händedruck, einen starken Drang dazu, Dinge zu verändern, einen ausgeprägten Siegeswillen und neigt beim Sport zu aggressiverem Verhalten.

Und das zahlt sich offenbar aus, konnten nun zwei britische Forscher belegen. Sie hatten japanische Baseballspieler aus der Profi-Liga unter die Lupe genommen und ihre Gesichtsform mit diversen statistischen Werten in Bezug gesetzt, die die Leistung in einer Saison charakterisieren. Erfasst wurden dabei 84 Spieler, die während der beiden Saisons 2011 und 2012 in der Profi-Liga gespielt hatten. Ihre Gesichter wurden von Wangenknochen zu Wangenknochen und von den Augenbrauen bis zur Unterlippe vermessen, um das Verhältnis zwischen Breite und Höhe ermitteln zu können. Ergebnis der Auswertung: Ein breiteres Gesicht geht bei den getesteten Männern eindeutig mit einer besseren Home-Run-Quote einher.

Soweit ist das Resultat nicht besonders überraschend – schließlich sind ein großer Siegeswille, mehr Aggressivität und viel Körperkraft Faktoren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zum sportlichen Erfolg beitragen. Die Studie ist jedoch wegen zwei anderen Befunden interessant, die eigentlich nur als eine Art Nebenprodukt angefallen sind. Erstens: Mit fortschreitendem Alter nimmt das Breiten-zu-Längen-Verhältnis ab. Das heißt, dass es vor allem junge Männer sind, die mit einem sehr breiten Gesicht ausgestattet sind und dass diese Eigenschaft nicht unveränderlich ist. Fraglich ist daher, ob sie wirklich, wie die Fingerlängen, bereits im Mutterleib angelegt wird oder ob es sich nicht vielleicht eher um ein Merkmal handelt, das den aktuellen Testosteronlevel widerspiegelt. Abgesehen davon sollte dieser Effekt bei der Auswertung künftiger Studien nicht vergessen werden – er könne schließlich die Ergebnisse verfälschen, mahnt das britische Duo an.

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Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass der Zusammenhang zwischen Gesichtsform und sportlichen Erfolg und damit vermutlich auch bestimmten Charaktereigenschaften universell zu sein scheint. Denn die bisherigen Studien hatten ausschließlich weiße Probanden aus den USA oder einem anderen westlichen Land erfasst. Die Teilnehmer der aktuellen Studie waren dagegen alle japanischer Abstammung und gehörten damit einer anderen ethnischen Gruppe an. Sollte sich die Korrelation nun auch noch in einer weiteren Ethnie finden, wäre sie tatsächlich kulturunabhängig. Es könnte also ein allgemeingültiges Entwicklungsmuster der menschlichen Gesichtsstruktur geben, das mit bestimmten Verhaltensweisen verbandelt ist, schreiben die Wissenschaftler. Da Menschen ohnehin die meisten Informationen über ihre Artgenossen aus deren Gesichtern ablesen, erscheint es nicht unlogisch, dass sich dort auch Hinweise auf deren Aggressionspotenzial finden – das könnte sich während der Evolution durchaus bewährt haben.

Hikaru Tsujimura, Michael Banissy (University of London): Journal of the Royal Society: Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2013.0140 © wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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