Krähen können nacheinander zwei Werkzeuge benutzen, um ein Stück Fleisch in einer Röhre zu erreichen. Das haben neuseeländische Forscher bei Versuchen mit Neukaledonischen Krähen beobachtet. An derart komplexen Aufgaben sind sogar die meisten Affen bislang gescheitert. Nur Gorillas und andere Menschenaffen zeigen vergleichbare Fähigkeiten. Auch die Vorfahren der Menschen haben einfache Werkzeuge ? zum Beispiel Steine ? benutzt, um bessere Hilfsmittel herzustellen. Diese Fähigkeit war nach Ansicht der Forscher eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung der Menschheit.
Dass Neukaledonische Krähen ein Werkzeug benutzen können, um an Futter zu gelangen, ist bereits länger bekannt. Die Forscher stellten die Tiere deshalb nun vor ein weitaus schwierigeres Problem: Sie zeigten sieben Krähen ein Stück Fleisch in einer Glasröhre. Etwa zwei Meter entfernt davon lag ein Stöckchen, das allerdings zu kurz war, um damit das Futter zu erreichen. Es gab zwar auch einen längeren Stock, diesen hatten die Forscher jedoch in einen Käfig gelegt.
Beim ersten Anlauf versuchte nur ein Vogel, sich das Fleisch mit dem zu kurzen Stock zu angeln. Alle anderen Versuchstiere liefen mit dem kurzen Stab direkt zu dem Gitter, hinter dem der längere lag. Vier Krähen gelang es sogar auf Anhieb, das lange Stöckchen aus dem Käfig zu holen und damit dann das Fleisch zu erreichen. Der langsamste der sieben Vögel brauchte 23 Versuche, bis auch er etwas zu fressen bekam.
Die Forscher schließen aus, dass die Krähen durch bloßes Ausprobieren zufällig auf die Lösung des Problems gestoßen sind. Denn einen zweiten Käfig, in dem ein unbrauchbarer Stein lag, ließen alle Tiere links liegen. Die Krähen haben vielmehr Erfahrungen aus anderen Situationen auf dieses neue Problem übertragen, glauben die Forscher. Denn um an das Fleisch zu gelangen, mussten die Krähen zunächst erkennen, dass sie mit einem Werkzeug nicht nur Futter, sondern auch andere Gegenstände zu sich heranziehen können. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von einem Analogieschluss.
Alex Taylor (Universität von Auckland) et al.: Current Biology, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1016/j.cub.2007.07.057 ddp/wissenschaft.de ? Larissa Kessner