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Einblicke in das Wunder der Keimung

Erde|Umwelt

Einblicke in das Wunder der Keimung
Nach dem Kontakt mit Wasser werden die Systeme in Samen angeschaltet. (Bild: Bettina Richter)

Sie wirken leblos – doch Pflanzensamen schlummern bekanntlich nur. Wie erwachen sie aus ihrem teils jahrzehntelangen Dornröschenschlaf? Forscher haben nun neue Einblicke in die frühen Keim-Prozesse nach dem „Wachküssen“ gewonnen: Sie haben Schalter identifiziert, die nach dem Kontakt mit Wasser die „Kraftwerke“ im Samen sehr schnell in Gang setzen und damit die Entwicklung des winzigen Pflanzenembryos antreiben.

In einigen Fällen überdauert das pflanzliche Leben in der Form von Samen enorme Zeitspannen. Ein besonders beeindruckendes Beispiel dafür sind die Pflanzensamen mancher Trockengebiete: Über Jahrzehnte hinweg überdauern sie im trockenen und heißen Boden, um nach einem der seltenen Regenfälle schlagartig zu keimen und einige Monate später die Wüste erblühen zu lassen. Möglich wird dies durch ein raffiniertes Konzept: Samen enthalten einen fertig geformten Pflanzenembryo sowie gespeicherte Energie und sind mit einem raffinierten Steuerungssystem ausgestattet: Bei Trockenheit können sie diesen Überdauerungszustand über lange Zeit aufrechterhalten. Erst bei geeigneten Umweltbedingungen wird die gespeicherte Energie mobilisiert und der Same keimt.

Dem Erwachen auf der Spur

Kontrolliert wird dieser Prozess durch ein System aus Hormonen, das schon seit einiger Zeit erforscht wird. Doch noch immer birgt das Keimen Geheimnisse. Vor allem ist bisher wenig über die Prozesse bekannt, welche die Hormone überhaupt erst wirksam werden lassen. Wie wird die Energie im Samen verfügbar gemacht? Wodurch wird der Energiestoffwechsel zu Beginn gestartet? Welche Schalterelemente gibt es? Diesen Fragen ist jetzt ein internationales Forscherteam durch raffinierte Methoden nachgegangen.

Samenkeimung unter dem Fluoreszenzmikroskop (Bild: Bettina Richter)

Um den Energiestoffwechsel von Samen zu erforschen, nahmen die Wissenschaftler die Kraftwerke der Zellen ins Visier: die Mitochondrien. Um die Abläufe in diesen Organellen genau beobachten zu können, verpassten die Wissenschaftler den Energieträgern der Zellen – den Molekülen ATP und NADPH – Leuchteffekte. Dazu verglichen sie sowohl trockene als auch mit Wasser aktivierte Samen der Ackerschmalwand. Mithilfe fluoreszierender Biosensoren beobachteten sie zudem den sogenannten Redox-Stoffwechsel, dem eine Schalterfunktion zukommen könnte. Um herauszufinden, welche Elemente dafür wichtig sind, dass die Keimung angekurbelt wird, blockierten die Forscher bestimmte Proteine mithilfe genetischer Verfahren und verglichen die Reaktion der veränderten Samen mit unveränderten.

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Einblicke mit Bedeutung für die Landwirtschaft

Wie die Forscher berichten, konnten sie dokumentieren, wie erstaunlich schnell das Keim-System anspringt: Wenn die Samen in Kontakt mit Wasser kamen, baute sich der Stoffwechsel innerhalb von Minuten auf – die Kraftwerke der Pflanzenzellen begannen mit der Atmung und damit mit der Bereitstellung von Energie. Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, welche molekularen Schalter im Rahmen dieses Prozesses eine Rolle spielen. Demnach kommt den sogenannten Thiol-Redox-Schaltern dabei eine zentrale Bedeutung zu. „Man kann diesen Prozess mit dem Verkehrssystem einer Großstadt vergleichen. Bevor die Rush-Hour, also die Keimung, losgeht, bei der Stoffwechselprodukte in großen Mengen auf die ‚Straße‘ gelangen, sollten morgens die Ampeln und Leitsysteme eingeschaltet werden – und das übernehmen hier die Thiol-Redox-Schalter“, erklärt Co-Autor Thomas Nietzel von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

„Dadurch, dass wir nun erstmals Einblicke in die ganz frühen Prozesse der Keimungskontrolle bekommen, erhalten wir ein besseres Gesamtverständnis der Mechanismen, die der Samenkeimung zugrunde liegen. Man kann nun darüber nachdenken, wie solche Schalter genutzt werden können“, sagt Co-Autor Markus Schwarzländer. Die Ergebnisse könnten den Forschern zufolge für die Landwirtschaft relevant sein. Denn die Keimung hat eine buchstäblich grundlegenden Bedeutung für die Erträge. Dabei gilt es zwei Aspekte in Einklang zu bringen: Saatgut soll einerseits lange haltbar sein, andererseits aber auch synchron und möglichst ohne Verluste keimen.

Quelle: Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Fachartikel: PNAS; DOI: 10.1073/pnas.1910501117

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