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Einem „teuflischen“ Krebs auf der Spur

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Einem „teuflischen“ Krebs auf der Spur
Den Tasmanischen Teufeln macht eine ansteckende Form von Krebs zu schaffen. (Foto: Maximilian Stammnitz)

So schrecklich die Erkrankung auch ist – Krebs ist beim Menschen wenigstens nicht ansteckend. Doch das gilt nicht im Fall des Tasmanischen Teufels. Eine Tumorerkrankung, die von Tier zu Tier übertragen wird, rafft die skurrilen Raubbeutler dahin. Nun haben Forscher interessante Einblicke in die seltsamen Merkmale dieser Form von Krebs gewonnen. Sie geben Hinweise darauf, warum ausgerechnet der Beutelteufel betroffen ist und zeigen Möglichkeiten der Bekämpfung auf: Menschliche Krebsmedikamente könnten das Aussterben der charismatischen Rabauken verhindern.

Schwarzes Fell, rote Ohren, ein riesiges Maul – außerdem schreit er schaurig und stinkt: Diese teuflischen Merkmale haben dem größten heute noch existierenden Beutel-Raubtier den Namen Tasmanischer Teufel eingebracht. Beinahe wäre es diesem etwa zwölf Kilogramm schweren Wesen ergangen wie seinem großen Verwandten, dem tasmanischen Tiger: 1936 starb das letzte Exemplar in einem Zoo. Schutzmaßnahmen ab 1941 ermöglichtem dem Beutelteufel jedoch das Überleben und die Bestände konnten sich erholen. Doch seit den 1990-er Jahren ist diese prominente Tierart erneut akut bedroht. Der ansteckende Gesichtskrebs DFTD (Devils Facial Tumour Desease) machte sich unter den Tieren breit und brachte die Bestände erneut zum Einbruch. Eine ähnliche infektiöse Krebserkrankung ist im Fall der Säugetiere nur von Hunden bekannt.

Ein Krebsform – so skurril wie sein Opfer

Verursacht wird DFTD durch Tumorzellen, die durch Bisse unter den Teufeln weitergegeben werden. Das Krebsgewebe besitzt dabei nicht das Erbgut des befallen Tiers – die Tumorzellen weisen noch immer die DNA des Individuums auf, bei dem sie vor Jahrzehnten entstanden sind. Erstaunlicherweise können sie dem Immunsystem der infizierten Tiere trotzdem entgehen, sich vermehren und übertragen werden. Sie führen zu schreckliche Geschwüren im Gesicht der Tiere, metastasieren im ganzen Körper und führen dadurch schließlich zum Tod.

Lange war beim Tasmanischen Teufel nur die Version DFT1 der Tumorzellen bekannt. Doch 2014 deckten Forscher eine zweite Variante des ansteckenden Krebses auf. Analysen zeigten, dass DFT2 ursprünglich von einem weiblichen Tier ausgegangen ist, während DFT1 auf ein Männchen zurückzuführen ist. “Die Seltenheit übertragbarer Krebserkrankungen deutet darauf hin, dass es sich um ein sehr ungewöhnliches Phänomen handelt”, sagt Elizabeth Murchison von der University of Cambridge. “Es war deshalb sehr überraschend, beim Tasmanischen Teufeln innerhalb von nur achtzehn Jahren zwei übertragbare Krebsarten zu finden.” Aus diesem Grund entschlossen sich Murchison und ihre Kollegen dem Phänomen nun eine genauere Studie zu widmen. Das Team untersuchte dazu die genetischen und physiologischen Eigenschaften der beiden Tumorlinien und verglich sie auch mit menschlichen Krebsarten.

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Menschliche Medikamente lassen hoffen

Die Forscher fanden Hinweise darauf, dass DFT2 und DFT1 ursprünglich in ähnlichen Geweben entstanden sind. Sie identifizierten bei beiden auch Mutationen in Genen, die an der Erkennung von Krebszellen durch das Immunsystem beteiligt sind. Dies könnte erklären, warum diese Krebsarten dem Immunsystem der Tiere so effektiv entkommen. Das vielleicht wichtigste Ergebnis ist allerdings die Entdeckung, dass bestimmte Substanzen für das Wachstum der Tumore verantwortlich sind: Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTKs). Sie sind auch als Faktoren bei der Entwicklung von menschlichen Krebsformen bekannt. Interessanterweise gibt es Medikamente, die an den RTKs den Hebel ansetzen. Die Forscher konnten durch Laboruntersuchungen zeigen, dass sie effektiv das Wachstum von Krebszellen der Tasmanischen Teufel eindämmen. Es gibt somit Hoffnung, dass diese Krebsmedikamente den Tieren helfen können.

Warum der infektiöse Krebs ausgerechnet bei den Raubbeutlern auftritt, könnte den Forschern zufolge mit ihrem rabiaten Verhalten untereinander zusammenhängen: Im Kampf beißen sie oft in das Gesicht ihres Gegners und verursachen Verletzungen. Da RTK-Moleküle bei der Wundheilung eine Rolle spielen, könnten die häufigen Gewebeschäden die Tiere für die Entstehung dieser speziellen Krebsart anfällig gemacht haben. Außerdem stellen die Bisse ins Gesicht auch einen idealen Übertragungsweg dar, sagen die Forscher.

Ihnen zufolge könnte aber auch der Einfluss des Menschen indirekt eine Rolle bei der Ausbreitung gespielt haben. Die moderne Landnutzung in Tasmanien hat lokal zu ungewöhnlich dichten Beständen der Teufel geführt. Dadurch kommt es zu mehr Kämpfen und entsprechend auch zu Übertragungen, vermuten die Forscher. Außerdem hat die beinahe Ausrottung der Tiere die genetische Vielfalt verringertt und das könnte zu einer allgemeinen Anfälligkeit für die Erkrankung geführt haben.

In den kommenden Jahren wird sich nun zeigen, ob die Tasmanischen Teufel den Kampf gegen den infektiösen Krebs gewinnen. Vielleicht können ihnen dabei tatsächlich Medikamente des Menschen helfen. Es gibt also noch Hoffnung für Tasmaniens skurril-charismatischen Raubbeutler, sagen die Forscher.

Quellen: Cell Press, University of Cambridge,  Cancer Cell, doi: 10.1016/j.ccell.2018.03.013

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