Dazu ließen sie rund sechzig Probanden in London und Bonn in Vierergruppen ein so genanntes Gemeinwohlspiel spielen, bei dem die Teilnehmer in eine soziale Zwickmühle gebracht werden. Ihr eigenes soziales oder egoistisches Verhalten kann Gewinn oder Verlust bringen, je nachdem wie sich die anderen Mitspieler verhalten. Für die Gemeinschaft ist es in diesem Spiel am besten, wenn alle in das Kollektiv investierten, doch auf individueller Ebene fahren die Egoisten am besten, denn sie bekommen diesen Bonus ohne selbst zu investieren.
Überraschenderweise zeigte sich schnell ein Unterschied zwischen Londoner und Bonner Spielern: Nur 43 Prozent der Londoner Teilnehmer investierten in das Gemeinschaftsprojekt, während es in Bonn ganze 82 Prozent waren. „Das liegt wahrscheinlich an unterschiedlichen Erwartungen darüber, was normales Verhalten ist“, vermutet Kurschilgen. Wer davon ausgehe, dass auch die anderen sich egoistisch verhalten, neige selbst kaum zu altruistischen Taten. Demzufolge hätten die Londoner eine schlechtere Meinung über ihre Mitmenschen als die Bonner, vermutet der Forscher.
In einer weiteren Versuchsreihe versorgten die Forscher daher ihre Londoner Spieler mit positiven und die Bonner Probanden negativen Informationen über die jeweiligen Mitspieler: Auf einmal handelten die vormals sozialen Bonner egoistischer: Nur noch 51 Prozent der Spieler investierten ins Gemeinwohl. Bei den Londoner Spielern zeigte sich dagegen nur ein schwach positiver Trend durch dei Positivinformationen zu ihren Mitspielern. Die Wissenschaftler folgern aus diesen Ergebnissen, dass sich zum einen Menschen sehr stark von ihrer ursprünglichen Erwartungshaltung gegenüber Mitmenschen leiten lassen. Und zum anderen dabei sehr sensibel auf negative Eindrücke reagieren, die sich schwer wieder revidieren lassen. In Bezug auf Investitionen in Wohnviertel empfehlen die Forscher daher, frühzeitig zu investieren, damit erst kein schlechter Eindruck entstehe.