In der Tat unterscheiden sich die Strömungsspuren der drei getesteten Arten deutlich, wie der ehemalige Bleckmann-Mitarbeiter Wolf Hanke mit einer trickreichen Methode nachweisen konnte. Dazu mischte er das Wasser im Laboraquarium mit einem synthetischen Schwebstoff und beschoss es mit Laserlicht, so dass die Schwebstoffpartikel aufleuchteten. „Die Fische hatten wir so trainiert, dass sie durch das Becken geradewegs zu einem Ziel schwammen, an dem wir sie mit Futter belohnten“, erklärt Hanke, der inzwischen zur Ruhr-Universität Bochum gewechselt ist.
Mit Hochgeschwindigkeits-Kameras hat er die Bewegung der weniger als einen zehntel Millimeter großen Schwebstoffpartikel aufgezeichnet. Aus diesen Aufnahmen konnte eine Spezial-Software schließlich die Strömungsverhältnisse im Becken berechnen. „In unbewegtem Wasser war die hydrodynamische Spur eines Sonnenbarschs noch nach fünf Minuten deutlich zu erkennen, die eines Buntbarschs noch nach drei Minuten“, so der Zoologe. Ein Kugelfisch brachte den Beckeninhalt deutlich weniger zum Brodeln, doch immerhin: Auch seine Spur verblasste erst nach mehr als 30 Sekunden.
Dabei waren die Strömungsspuren so charakteristisch, dass sie Rückschlüsse darauf zuließen, welche der drei Arten sie jeweils verursacht hatte. Ob Räuber die Informationen in den Verwirbelungen tatsächlich nutzen, um sich an die Flossen ihrer Beute zu heften, wissen die Zoologen noch nicht. Es spricht jedoch Einiges dafür: „Ein Sonnenbarsch kann in einer Minute leicht 25 Meter zurücklegen“, erklärt Hanke. „Zu hören ist er aus dieser Entfernung für einen typischen Raubfisch nicht mehr, dazu sind seine Schwimmgeräusche nach unseren Berechnungen um Größenordnungen zu leise. Die Strömungsspur ist nach einer Minute aber noch so kräftig, dass der Räuber sie mit seinem Seitenlinienorgan problemlos fühlen kann.“ Mit einem künstlichen Fisch wollen die Wissenschaftler nun systematisch untersuchen, wie sich beispielsweise Flossengröße und -gestalt auf die Verwirbelungen im Wasser auswirken. Ihre These: Fische „sehen“ mit ihren Seitenlinienorganen weitaus mehr Details von ihrer Umgebung, als bislang angenommen.