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Fledermäuse: Generationsübergreifende Klima-Anpassung

Erde|Umwelt

Fledermäuse: Generationsübergreifende Klima-Anpassung
GRoßer Abendsegler
Großer Abendsegler (Bild: Anton Vlaschenko)

Anpassung an den Klimawandel: Große Abendsegler – eine der größten einheimischen Fledermausarten – verlagern ihre Überwinterungsgebiete im Lauf aufeinanderfolgender Generationen weiter nach Norden, wie eine Studie zeigt. Diese Anpassung an das wärmere Klima findet demnach generationsübergreifend statt. Dieses Verhalten sichert dem Großen Abendsegler in Zeiten der zunehmenden Erderwärmung das Überleben.

Überall auf der Welt sind Fledermäuse stark gefährdet: Durch die moderne Landwirtschaft und dem intensiven Einsatz von Insektiziden finden die Flugsäugetiere immer weniger Insekten. Hinzu kommt, dass auch geeignete Quartiere wie alte Baumbestände seltener werden. Moderne Gebäude sind für Fledermäuse als Versteck ungeeignet, mitunter werden sie gar zur tödlichen Gefahr. Denn die von den Flugtieren ausgesandte Schallsignale werden an glatten Flächen zunächst von den Tieren wegreflektiert, sodass der Eindruck eines freien Flugwegs entsteht.

Und auch die Klimaentwicklung macht den Tieren zu schaffen: Viele Arten müssen aufgrund der rasant zunehmenden Erderwärmung ihre Verbreitungsgebiete verändern, damit sie trotzdem noch geeignete Lebensräume und Beute finden und so ihr Überleben und ihre Fortpflanzung sichern können. Mobile Arten, wie etwa saisonal ziehende Fledermäuse, verlagern je nach Klimaentwicklung ihre Sommer- und Überwinterungslebensräume in den Norden oder Süden, um konstant gute Bedingungen vorzufinden.

Überwinterungsareale in den Norden verschoben

Gerade bei Säugetieren – wie Fledermäusen – ist meist noch unbekannt, wie die Arten ihre Verbreitungsgebiete aufgrund der Erderwärmung verändern. Ziehen die einzelnen Individuen in neue Gebiete? Oder findet dieser Wandel über mehrere Genrationen hinweg statt, so dass die Nachkommen jeweils ein Stück weiter im Norden oder Süden leben als ihre Eltern? Um den Mechanismen auf den Grund zu gehen, hat Kseniia Kravchenko vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) nun mit einem internationalen Forscherteam untersucht, wie die Fledermausart Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) ihr Verbreitungsgebiet an die Klimaerwärmung anpasst.

In den letzten Jahren beobachteten Forscher bereits, dass sich das Überwinterungsareal des Großen Abendseglers immer weiter in den Norden verschoben hat. Um das genauer zu prüfen, untersuchten Kravchenko und ihr Team eine Fledermauspopulation in der nordukrainischen Stadt Charkiw. Überwinternde Fledermäuse dieser Art gibt es in Charkiw erst seit ungefähr 30 Jahren, weil sie früher zum Überwintern weiter in den Süden zogen. Über einen zehnjährigen Zeitraum von 2007 bis 2016 sammelte das Wissenschaftlerteam nun Daten zum Alter und Geschlecht von fast 3.400 dort überwinternden Individuen.

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Umzug im Lauf mehrerer Generationen

Das Ergebnis der Beobachtungen: Die Daten zeigten, dass junge Männchen überdurchschnittlich häufig in der Anfangsphase der Kolonisierung des neuen Überwinterungsgebiets vertreten waren. Nach und nach glich sich das Verhältnis von Männchen zu Weibchen und von Jungtieren zu erwachsenen Tieren aus. Doch waren diese Tiere selbst in das neue Gebiet gezogen oder gehörten sie schon zu einer neuen Generation? Diese Frage klärten die Forscher mithilfe von Fellproben:

„Wir untersuchten mithilfe der Analyse von stabilen Wasserstoffisotopen im Fellkeratin die Herkunftsregion der überwinternden Großen Abendsegler“, erklärt Kravchenko. „Die Daten von knapp 400 Tieren zeigen einen klaren Trend: Die Zahl der Fernzieher nahm bei Weibchen wie bei Männchen und über alle Altersgruppen ab“.

Dies zeigt vor allem, dass in den Anfangsjahren der Kolonisierung die Überwinterungsgäste aus den Populationen kamen, deren Sommerquartiere sich im hohen Norden befinden. Mit der Zeit nutzten aber vermehrt Individuen die Gegend von Charkiw zur Überwinterung, die ihre Sommerquartiere in der Nähe haben und nicht mehr weiter gen Süden fliegen. „Wir stellten für den Großen Abendsegler fest, dass die Verschiebung des Überwinterungsareals in Richtung Norden über mehrere Jungtiergenerationen läuft“, sagt Kravchenkos Kollege Christian Voigt. „Besonders junge Männchen, die von ihrem Geburtsort in der Regel weiter abwandern als junge Weibchen, sind bei der Etablierung neuer Überwinterungsgebiete von Bedeutung.“

Nicht alle Arten sind schnell genug

Große Abendsegler, die eine kurze Lebenserwartung und eine hohe Reproduktionsrate aufweisen, können auf diese Weise vermutlich relativ schnell auf die Erderwärmung reagieren – auch wenn sich die Verbreitungsgrenze in Gänze nur langsam von Generation zu Generation verschiebt.
Der schnelle Generationenwechsel und das hohe Abwanderungspotenzial junger Fledermausmännchen scheinen ein evolutionärer Vorteil der Großen Abendsegler in Zeiten des Klimawandels zu sein: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Besiedlung von Winterquartieren in höheren Breitengraden durch Generationswechsel gefördert wird, an denen vor allem Männchen im ersten Lebensjahr beteiligt sind“, resümiert das Team.

Allerdings ist diese Form der Anpassung nicht für alle Spezies machbar: „Säugetierarten mit höherer Lebenserwartung und geringerem Abwanderungspotenzial der Jungtiere haben es sicherlich erheblich schwerer, mit der Geschwindigkeit der Erderwärmung Schritt zu halten“, vermuten die Experten. Für diese Tiere könnte die Zukunft angesichts der fortschreitenden Erderwärmung nicht so günstig aussehen. „Wenn sich die Areale dieser Arten ebenfalls nur von Generation zu Generation verändern, könnte es sein, dass sie bei anhaltender Erderwärmung aussterben“, sagen Kravchenko und Voigt Um die Mechanismen der räumlichen Anpassung an den Klimawandel auch bei weiteren Säugetierarten zu verstehen, wird weiterführende Forschung nötig sein.

Quelle : Forschungsverbund Berlin e.V., Fachartikel: Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2020.0351

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♦ Die Buchstabenfolge an|thr… kann in Fremdwörtern auch anth|r… getrennt werden.

Erd|frucht  〈f. 7u〉 in der Erde gedeihende Frucht, z. B. Kartoffel

Tra|chea  〈[–xea] f.; –, –che|en [–xen]; Anat.〉 = Luftröhre [lat. <grch. tracheia … mehr

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