Fruchtfliegen haben einen differenzierten Geschmackssinn: Sie nehmen Süßes und Bitteres wahr. Bei Bitterstoffen sind sie sogar wahre Feinschmecker, denn sie können verschiedene bittere Geschmacksrichtungen deutlich besser unterscheiden als die meisten Säugetiere. Das haben amerikanische Wissenschaftler entdeckt, als sie die Geschmacksnerven an den Antennen der Tiere und die darin aktiven Gene untersuchten. Das Team um Hubert Amrein von der Duke-Universität in Durham beschreibt seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Current Biology (Bd. 14, S. 1065).
Geschmack wird von so genannten Geschmacksrezeptoren vermittelt. Das sind Eiweißstoffe, die auf der Oberfläche von Nervenzellen sitzen. Kommen sie mit bestimmten Molekülen in Kontakt, stimulieren sie die Nervenzellen. Frühere Studien hatten gezeigt, dass die Information für die Geschmacksrezeptoren bei Insekten auf so genannten Gr-Genen (für „gustatory receptor“) kodiert ist, von denen es etwa 60 Varianten gibt. Um genauer zu bestimmen, welche Gr-Gene bei Fruchtfliegen welchen Geschmack vermitteln, schalteten die Forscher um Amrein nacheinander einige Variationen aus und beobachteten das Fressverhalten der Fliegen.
Dabei fanden Amrein und seine Kollegen ein Gen für süßen Geschmack. War es ausgeschaltet, ignorierten die Fliegen eine Zuckerlösung, an der sie sonst mit Vorliebe naschten. Dagegen waren sogar sieben Gene offensichtlich für die Wahrnehmung von bitterem Geschmack zuständig. Während nicht behandelte Fliegen bittere Stoffe wie beispielsweise Koffein mieden, zeigten die genetisch veränderten kein solches Verhalten. Auch die Verteilung der Bitter-Rezeptoren war ungewöhnlich: Die Forscher fanden Nervenzellen, die verschiedene Kombinationen der sieben Rezeptorvarianten enthielten, obwohl eigentlich ein Rezeptor pro Zelle ausreichen würde.
Die Kombinationen ermöglichen den Fliegen nach Ansicht der Forscher daher wahrscheinlich, sehr fein zwischen verschiedenen bitteren Geschmacksrichtungen zu unterscheiden. Das sei für das Überleben der Insekten wichtig, denn ein bitterer Geschmack sei oft ein Zeichen für Ungenießbarkeit oder gar Gift in der Nahrung. Eine feinere geschmackliche Unterscheidung bitterer Stoffe könne den Fliegen dabei helfen, bei schlechtem Nahrungsangebot das am wenigsten schädliche Futter auszuwählen.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel