Frauen haben eine komplexere Gehirnstruktur als Männer: Die Oberfläche ihrer Großhirnrinde ist deutlich stärker gefurcht und gefaltet. Das hat ein internationales Forscherteam bei der Auswertung dreidimensionaler Gehirnaufnahmen entdeckt. Die ausgeprägtere Furchung ist nach Ansicht der Wissenschaftler wahrscheinlich im Lauf der Evolution entstanden, um die geringere Größe von Frauenhirnen auszugleichen. Eileen Luders von der Goethe-Universität in Frankfurt und ihre Kollegen stellen ihre Studie in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience vor (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/nn1277).
Das Volumen und die Größe des Gehirns sind durch den Platz vorgegeben, der im Schädel zur Verfügung steht. Bleibt dieser Platz gleich, kann sich eine größere Komplexität der Gehirnleistung im Lauf der Evolution nur durch eine Vergrößerung der Hirnoberfläche entwickeln. Daher gilt die Furchung und die Anzahl der Windungen in der Großhirnrinde als Maß für die Anzahl untereinander verschalteter Neurone.
Beim Vergleich dreidimensionaler, hochaufgelöster Magnetresonanzaufnahmen der Gehirne von jeweils 30 freiwilligen Männern und Frauen konnten Luders und ihre Kollegen nun nachweisen, dass sowohl die Anzahl der Furchen als auch die der Windungen bei Frauen höher ist als bei Männern. Das betraf besonders die rechte Gehirnhälfte. Diese Strukturabweichung könnte erklären, warum bestimmte geistige Fähigkeiten bei Männern und Frauen unterschiedlich gut ausgeprägt sind, vermuten die Forscher.
Außerdem sei die vergrößerte Oberfläche vermutlich mit dafür verantwortlich, dass die Gehirne von Frauen trotz des durchschnittlich kleineren Volumens die gleiche Leistungsfähigkeit haben wie die von Männern. An dieser Kompensation seien jedoch wahrscheinlich mehrere Faktoren beteiligt: So hatten Forscher beispielsweise bereits früher festgestellt, dass die Nervenzellen in Frauenhirnen dichter zusammenliegen und auch der Anteil der so genannten grauen Substanz, die die Nervenzellen umgibt, höher ist.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel