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Freundschaft reicht bis in die Gene

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Freundschaft reicht bis in die Gene
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Freundinnen: Nicht nur gleiche Interessen, sondern auch genetisch ähnlich (thinkstock)
Freunde sind wichtig: Sie geben uns Halt, wenn es uns schlecht geht, leisten uns Gesellschaft und sind einfach für uns da. Die beste Freundin oder der beste Freund sind uns oft näher als eine Schwester oder ein Bruder, für viele sind ihre Freunde eine echte Ersatzfamilie. Jetzt zeigt sich, dass an diesem Familiengefühl mehr dran ist als wir glauben: US-Forscher haben herausgefunden, dass Freunde sich genetisch verblüffend ähnlich sind. Ihre genetischen Übereinstimmungen entsprechen denen eines Cousins vierten Grades – obwohl sie nicht miteinander verwandt sind. Offenbar wählen wir unbewusst diejenigen Menschen als Freunde aus, die auch genetisch zu uns passen.

Dass wir mit unseren Freunden viel gemeinsam haben, ist nichts Neues: Wir teilen die gleichen Interessen, haben ähnliche Vorlieben, lachen über die gleichen Dinge und bewegen uns wahrscheinlich auch in ähnlichen Kreisen. Manchmal gleichen wir unseren Freunden sogar im Typ – ähnlich wie dies bei vielen Ehepaaren der Fall ist. Nicholas Christakis von der Yale University und James Fowler von der University of California in San Diego haben nun erstmals untersucht, ob es auch in puncto Genetik mehr Gemeinsamkeiten mit Freunden als mit Fremden gibt. „Das ist unseres Wissens nach die erste genomweite Analyse von genetischen Korrelationen zwischen Freunden“, so die Forscher.

Sie nutzten für ihre Analyse Daten der sogenannten Framingham-Herz-Studie, bei der mehrere tausend Teilnehmer über mehr als 50 Jahre hinweg begleitet und untersucht worden sind. Dabei wurden sowohl Daten zu ihrer Lebensweise, ihrer Gesundheit, ihrem Erbgut  als auch zu ihren sozialen Beziehungen erhoben – für die Forscher war dies ein echter Glücksfall. „Wir kennen keinen anderen Datensatz, der sowohl Informationen zu Freundschaften als auch zu Genvarianten im Erbgut enthält“, erklären Christakis und Fowler. Sie wählten 1.932 Teilnehmer der Studie aus, die mit jeweils einem oder mehreren anderen Probanden der Gruppe befreundet waren. Dabei wurden nur Freundschaftspaare ausgesucht, die nicht miteinander verwandt waren. Die Wissenschaftler verglichen nun die Übereinstimmungen von Genbuchstaben an insgesamt 466.608 Stellen im Erbgut – sowohl zwischen den Freunden als auch zwischen nicht befreundeten, zufällig ausgewählten Teilnehmerpaaren.

So ähnlich wie Cousins vierten Grades

Das Ergebnis war verblüffend, denn die Ähnlichkeiten unter Freunden reichen offenbar bis ins Erbgut hinein. „Wir haben mehr DNA mit den Menschen gemeinsam, die wir als unsere Freunde auswählen, als mit Fremden in der gleichen Population“, sagt Fowler. Die genetische Ähnlichkeit geht dabei über das hinaus, was einfach durch gemeinsame Abstammung oder gleiche Volkszugehörigkeit erklärt werden kann. Denn wie die Forscher ermittelten, entspricht die Übereinstimmung in der DNA in etwa derjenigen, die wir mit einem Cousin vierten Grades teilen würden. Oder anders ausgedrückt: etwa ein Prozent unserer Gene ist mit denen unserer Freunde identisch. Anhand der Gen-Übereinstimmungen konnte die Forscher sogar blind voraussagen, ob zwei willkürlich ausgewählte Gensätze zu einem Freundespaar gehörten oder zu zwei einander Fremden.

„Das ist wirklich bemerkenswert: Irgendwie schaffen wir es, aus der Myriade von Möglichkeiten genau die Menschen als Freunde herauszupicken, die uns so ähnlich sind wie Verwandte“, sagt Christakis. Wie uns dies gelingt, ist bisher allerdings noch völlig noch unklar. Ein Hinweis ergab sich jedoch, als die Forscher nachschauten, welche Gene besonders oft bei Freunden übereinstimmen – und welche besonders selten. So zeigte sich, dass Gene für den Geruchssinn überdurchschnittlich viele Ähnlichkeiten zeigten.  „Individuen, die Dinge auf die gleiche Weise riechen, könnten sich zu ähnlichen Umgebungen hingezogen fühlen, wo sie sich dann treffen und anfreunden“, so die Vermutung der Forscher. So sucht man vielleicht häufiger ein Café auf, weil einem der Kaffeegeruch besonders angenehm erscheint und knüpft dann dort Kontakte.

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Einen Hinweis auf den Nutzen dieser genetischen Ähnlichkeiten lieferte ein zweiter Fund: Diejenigen, die miteinander befreundet sind, haben meist ziemlich unterschiedliche Immungene, wie die Forscher berichten. Dadurch sind sie beispielsweise gegenüber jeweils anderen Krankheitserregern anfällig. „Sich mit Menschen zu umgeben, die uns in dieser Hinsicht unähnlich sind, könnte eine gute Anpassungsstrategie sein“, erklären Christakis und Fowler.  Denn in einer Gruppe von gleich Anfälligen kann sich eine Infektion sehr schnell ausbreiten, oft werden dann alle krank. Sind aber nur wenige für den Erreger anfällig, hemmt dies die Ausbreitung. Die Wahrscheinlichkeit sich anzustecken sinkt. Unbewusst scheinen wir demnach nicht nur die Freunde zu wählen, die uns auch genetisch ähnlich sind, sondern auch gleich solche, die uns gesundheitlichen Nutzen verschaffen. Freundschaft ist damit einmal mehr eine echte Wind-Win-Beziehung – und das bis in unsre Gene hinein. 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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