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Fröhliche Hummeln sind optimistisch

Erde|Umwelt

Fröhliche Hummeln sind optimistisch
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Eine Hummel fliegt in einem Versuchsraum zielstrebig auf das Einflugsloch mit dem blauen Schild zu. Sie hat gelernt, dass es dort Zuckerlösung gibt. (Credit: Clint J. Perry)
Gut gelaunt, sehen wir die Welt positiv und verhalten uns eher optimistisch – ähnliches scheint auch für Hummeln zu gelten, belegt eine experimentelle Studie. Sogar Insekten könnten demnach so etwas wie emotionale Zustände besitzen, die ihre Reaktionen und Verhaltensweisen prägen. Die Forscher fanden zudem Hinweise darauf, dass die „Gefühlslagen“ bei den Insekten auf ähnlichen neuronalen Prinzipien basieren wie bei den Wirbeltieren.

Was sind Emotionen eigentlich? Analytisch betrachtet, handelt es sich um vorübergehende Geisteszustände, die mit körperlichen Effekten, Verhaltensweisen und  psychischen Phänomenen verknüpft sind. Ausgelöst werden die emotionalen Zustände von der subjektiven Bewertung von Informationen. Es ist bereits klar, dass nicht nur der Mensch Emotionen besitzt – Studien haben auch bei einigen Tierarten bereits Verhaltensweisen aufgedeckt, in denen sich emotionale Zustände widerspiegeln. Dabei handelte es sich allerdings bisher vor allem um Säugetiere. Doch gibt es auch bei den angeblich eher simplen Insekten Vergleichbares?

Dieser Frage sind die Forscher um Clint Perry von der Queen Mary University of London durch Versuche mit Hummeln nachgegangen. Konkret untersuchten sie, ob es auch bei Hummeln einen „emotionalen“ Effekt gibt, der vom Menschen bekannt ist: Süße Lebensmittel können positive Emotionen auslösen. Positiv gestimmt, reagieren Individuen in unklaren Situationen dann eher optimistisch, beziehungsweise lassen sich von Negativerlebnissen nicht so leicht aus der Bahn werfen. Ob dies auch für Hummeln gilt, testeten die Forscher in einer Reihe von Experimenten.

„Beglückte“ Hummeln reagieren anders

Zunächst brachten die Forscher ihren Versuchstieren bei, Farben mit einer Belohnung beziehungsweise Enttäuschung zu verknüpfen: Ein blaues Schild über einem Einflugloch rechts im Versuchsraum bedeutete: „Hier gibt es leckere Zuckerlösung“. Ein grünes Schild links bedeutete hingegen: „An dieser Tankstelle gibt es nur schnödes Wasser“. Die Hummeln lernten den Zusammenhang schnell: Zu dem verlockenden grünen Schild, flogen sie schließlich zielstrebig. Waren sie hingegen mit dem zuvor als enttäuschend erlebten grünen Schild konfrontiert, flogen sie lange suchend herum. Nun folgte der eigentliche Test: Die Forscher präsentierten den Hummeln ein Schild in der Mitte des Versuchsraumes, dessen Farbe eine Mischung von blau und grün zeigte. Die Frage war nun: Reagieren die Insekten wie bei dem blauen oder wie bei dem grünen Schild?

Es zeigte sich: Die Hummeln waren von der undefinierbaren Farbe durchaus irritiert. Wenn die Forscher sie allerdings zuvor durch eine Gabe von Zuckerlösung „fröhlich“ gestimmt hatten, flogen sie deutlich schneller auf das undefinierbar gefärbte Schild zu als Tiere, die nicht positiv gestimmt waren. Die Hummeln scheinen in einem guten und damit optimistischen emotionalen Zustand eher zu erwarten, dass sie hinter dem seltsamen Schild eine Belohnung statt Wasser erwartet, interpretieren die Forscher.

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Ein weiteres Experiment bestätigte den positiven Effekt der Stimmung in einem anderen Zusammenhang: In diesem Fall konfrontierten die Forscher die Hummeln mit einer negativen Erfahrung: In der Natur werden die Insekten gelegentlich von Spinnen angegriffen, die an Blüten auf sie lauern. Dies simulierten die Wissenschaftler, indem sie die Hummeln kurz festhielten und leicht drückten. Auf diese Weise gestresst, brauchten die Tiere anschließend vergleichsweise lang, um ihre normale Sammeltätigkeit wieder aufzunehmen. Waren sie allerdings vor dem simulierten Angriff durch die Zuckerlösung positiv gestimmt worden, nahmen sie ihr normales Verhalten deutlich schneller wieder auf als nicht positiv vorgeprägte Versuchstiere. Kontrollexperimente belegten, dass diese Effekte nicht allein am körperlich stärkenden Effekt des Zuckers lagen.

Ein Neurotransmitter als Drahtzieher

Die Forscher fanden darüber hinaus Hinweise, auf welchen neuronalen Prinzipien die Stimmung der Insekten basieren könnte. Es ist bekannt, dass bei Wirbeltieren einschließlich des Menschen emotionale Zustände an die Wirkung des Neurotransmitters Dopamin geknüpft sind. Bei den Hummeln scheint das offenbar ebenfalls der Fall zu sein: Verabreichten die Forscher den Tieren vor der „erfreulichen“ Erfahrung eine Dopamin blockierende Substanz, verschwand der Effekt der fröhlichen Stimmung: Ohne die Wirkung dieses Neurotransmitters im Zusammenhang mit der vorhergehenden Zuckergabe kam es weder zu dem optimistischen Effekt bei dem unklaren Farbschild noch zu der Unempfindlichkeit gegenüber der Attacke, berichten die Forscher.

Die Ergebnisse legen nahe, dass auch Insekten eine grundlegende Form von emotionalen Zuständen besitzen, bei denen der Neurotransmitter Dopamin eine Rolle spielt. Dieses Thema lohnt sich den Forschern zufolge nun weiter auszuloten. Eine interessante Frage ist beispielweise, ob die neuronalen Grundprinzipien von emotionalen Zuständen sich unabhängig voneinander in den verschiedenen Entwicklungslinien der Tiere entwickelt haben, oder ob sie auf einen gemeinsamen alten Ursprung zurückgehen.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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