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Frühe Hungererfahrungen steigern die Risikobereitschaft

Tierverhalten

Frühe Hungererfahrungen steigern die Risikobereitschaft
Riffhai
Schwarzspitzen-Riffhai inmitten eines Schwarms von Fischen. (Bild: Oliver Krüger)

Hunger macht draufgängerisch: Wachsen Tiere unter schwierigen Lebensbedingungen auf, so gehen sie im späteren Leben größere Risiken ein, belegt eine neue Studie. Demnach ist die Risikobereitschaft von Lebewesen zwar in Teilen angeboren, aber dennoch spielt auch die individuelle Entwicklung in den ersten Lebensjahren eine entscheidende Rolle. Ob auch wir Menschen ähnlich reagieren, muss aber noch untersucht werden.

Tiere in der freien Wildbahn sind ständig lebensgefährlichen Risiken ausgesetzt: Während sie Lebensräume in unbekanntem Gelände erkunden oder nach neuen Nahrungsquellen suchen, laufen sie ständig Gefahr von einem Fressfeind erwischt zu werden. Dabei hängt nicht selten von einer Entscheidung sogar das Überleben ab. Wie sich das Tier entscheidet, ob es ein Risiko eingeht oder der Gefahr eher ausweicht, ist individuell ganz unterschiedlich.

Risikobereitschaft teilweise angeboren

„So wie es unter uns Menschen eher vorsichtige und eher draufgängerische Zeitgenossen gibt, so finden sich auch unter Tieren einer Art Individuen mit geringer oder höherer Risikobereitschaft“, sagt Holger Schielzeth von der Universität Jena. Um herauszufinden, inwieweit dabei die individuelle Entwicklung der Tiere eine Rolle spielt, hat nun ein Forschungsteam um Schielzeth und Erstautor Nicholas Moran von der Universität Bielefeld eine Meta-Studie durchgeführt.

Bekannt war zuvor, dass die Risikobereitschaft zu einem gewissen Grad von der genetischen Ausstattung der Lebewesen abhängt. Doch auch die Lebensbedingungen und Erfahrungen der Individuen scheinen einen Einfluss zu haben, vermuteten die Forscher. „Zum einen konnte man annehmen, dass Tiere, denen es immer gut ging und die daher in besserem Zustand sind, mehr zu verlieren haben“, sagt Morans Kollege Klaus Rheinhold. Deshalb könnten sie weniger risikobereit sein. Andererseits könnten bessere Lebensbedingungen umgekehrt dazu führen, dass diese Tiere einer riskanten Situation leichter entkommen können und daher mehr Risiken eingehen, spekulierten die Wissenschaftler.

Um ihre Hypothesen zu überprüfen, wertete das Forscherteam über 120 experimentelle Studien mit mehr als 100 Tierarten aus – darunter beispielsweise Untersuchungen an Spinnen, Insekten, Krebsen, Fischen, Amphibien und Vögeln. Allen Einzelstudien war gemeinsam, dass die Tiere Phasen guter oder schlechter Nahrungsversorgung durchlebt hatten und dass im späteren Leben ihre Risikobereitschaft gemessen wurde.

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Schlechte Versorgung macht mutig

Das Ergebnis bestätigt: Ein schlechter Versorgungszustand in der Zeit des Aufwachsens bringt die Tiere dazu, später höhere Risiken einzugehen. Der Studie zufolge steigt die Risikobereitschaft durchschnittlich um 26 Prozent an, wenn die Tiere zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Entwicklung hungern mussten. So stellten die Wissenschaftler zum Beispiel fest, dass „die Flucht in eine neue Umgebung bei schlecht versorgten Gruppen häufiger war. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass im Gegensatz dazu besser versorgte Tiere die Strategie verfolgen, mehr Zufluchtsorte zu nutzen.“

Der Zusammenhang zwischen der schlechten Versorgung in der Jugend der Tiere und der Risikobereitschaft gilt aber nicht nur für die Abwanderung in neue Umgebungen: Alle untersuchten Verhaltenskontexte – auch riskante Nahrungssuchen und das Erkunden neuer Orte – zeigten ähnliche Resultate. Die Ergebnisse waren dabei unabhängig von der jeweiligen Tierart und auch der Verwandtschaft der Tierarten – hierbei variierte der Effekt nur minimal. „Dieses Ergebnis hat uns in seiner Deutlichkeit überrascht“, sagt Morans Kollege Schielzeth. Damit sei die Furchtlosigkeit zu einem nicht unerheblichen Teil auch der individuellen Entwicklung geschuldet, fassen die Experten zusammen. Dieser Zusammenhang könnte laut der Ökologen – zumindest zu einem gewissen Teil – auch beim Menschen bestehen, da der Mensch immerhin auch eine Tierspezies ist. Einen Beleg dafür sollen weitere Studien liefern.

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Fachartikel: Biological Reviews, doi: 10.1111/brv.12655

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