Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Geheimnisvolles Weiß

Erde|Umwelt

Geheimnisvolles Weiß
Normalerweise sind sie orange-braun mit schwarzen Streifen – doch nicht immer: Seit Jahrhunderten wurden in Indien immer wieder Tiger gesichtet, die ein weißes Fell mit schwarzen Streifen besaßen und mit ihren blauen Augen die Menschen faszinierten. Bisher war unklar, was zu dieser Farbvariation führt, denn es handelt sich nicht um Albinos. Die majestätischen Tiere, die heute nur noch in Gefangenschaft zu bestaunen sind, galten sogar schlicht als genetisch degeneriert. Doch den Untersuchungen eines internationalen Forscherteams zufolge handelt es sich um eine Farbvariation, die natürlicherweise zur wildlebenden Tigerpopulation gehörte und nur durch gezielte Bejagung ausgelöscht wurde.

Der letzte wildlebende weiße Tiger wurde 1958 erschossen, seitdem ist das majestätische Weiß in freier Wildbahn nie mehr gesichtet worden. 1951 war allerdings bereits ein weißes Tiermännchen gefangen worden – er wurde zum Urvater aller etwa 300 weißen Tiger, die heute in Zoos leben und vor allem durch die Star-Illusionisten Siegfried & Roy aus Las Vegas bekannt geworden sind. Man hatte bei der Zucht den weißen Tiger mit normal-farbigen Tiger-Weibchen gekreuzt und dann weiße Jungtiere zur weiteren Vermehrung eingesetzt. Durch Inzucht haben sich bei den weißen Tigern allerdings einige genetische Defekte herausgebildet, die ihre Gesundheit beeinträchtigen. Dies hat zu dem Ruf beigetragen, dass es sich bei der weißen Variante der großen Raubkatzen grundsätzlich um genetisch degenerierte Tiere handle. Doch die Ergebnisse von Xiao Xu vom Peking-Tsinghua Center for Life Sciences und seinen Kollegen widersprechen nun dieser Ansicht.

Ähnlicher Effekt wie bei hellhäutigen Menschen

Die Forscher haben für ihre Studie die Erbinformation von 16 weißen Tigern mit der von normal-farbigen verglichen. Dadurch stießen sie auf den genetischen Unterschied, der dem Weiß zugrunde liegt: Es handelt sich um eine Variation im Gen namens SLC45A2. Es ist an der Pigmentsynthese von Melanin beteiligt. Die Variante beim weißen Tiger hemmt die Synthese von rötlichen und gelblichen Pigmenten, hat aber wenig bis gar keine Auswirkungen auf schwarz. Deshalb haben die weißen Tiger dunkle Streifen und blaue Augen und sind nicht wie im Fall von Albinos ganz weiß mit roten Augen, erklären die Wissenschaftler. Interessanterweise ist ein vergleichbarer genetischer Effekt auch von andern Tieren mit hellen Farbvarianten bekannt, wie beispielsweise bei Pferden oder Hühnern – und sogar auch bei hellhäutigen Menschen. Genvariationen in Erbanlagen, die an der Pigmentsynthese beteiligt sind unterdrückt auch bei ihnen die Bildung dunkler Pigmente und führen zu hellen Haar-, Haut- und Augenfarben. Als Gendefekt würde das sicher niemand bezeichnen.

„Der weiße Tiger stellt einen Teil der natürlichen genetischen Vielfalt des Königstigers dar, der erhaltenswert ist“, konstatiert Co-Autor Shu-Jin Luo von der Universität Peking. Es sei sogar eine Überlegung wert, den weißen Tiger wieder in die wildlebende Population einzuführen, meinen die Wissenschaftler. Bei den Tieren, die bis 1958 in der freien Wildbahn Indiens dokumentiert wurden, handelte es sich um gesunde erwachsene Tiere. Demzufolge sei die weiße Farbe offenbar kein Nachteil im Überlebenskampf. Denn vermutlich seien Hirsche, die Haupt-Beutetiere der Tiger, ohnehin weitgehend farbenblind, sagen Xiao Xu und seine Kollegen.

Anzeige
Xiao Xu (Peking-Tsinghua Center for Life Sciences) et al.: Current Biology , doi: 10.1016/j.cub.2013.04.054 © wissenschaft.de – Martin Vieweg
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Lux  〈n.; –, –; Zeichen: lx; Phys.〉 Maßeinheit, SI–Einheit für die Beleuchtungsstärke [lat., ”Licht“]

Com|bine Pain|ting  〈[kmbn pntın] n.; – –s; unz.; Mal.〉 (von Robert Rauschenberg entwickelter) Montagestil, der Collagen u. Malerei mit dreidimensionalen Objekten verschiedenster Art kombinierte u. damit bedeutenden Einfluss auf die Pop–Art nahm [engl., ”kombiniertes Malen“]

ve|te|ri|när|me|di|zi|nisch  〈[ve–] Adj.〉 = tiermedizinisch

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige