Condic verfolgte eine andere Strategie, indem sie die Zellen auf genetischer Ebene direkt veränderte. Sie arbeitete mit Zellkulturen adulter Nervenzellen von Ratten. Durch eine Genübertragung mithilfe von Adenoviren wurden diese mit zusätzlichen Integrin-Genen ausgestattet. Dadurch erhöhte sich deren Integrinproduktion deutlich. Anschließend verglich die Forscherin das Wachstum der genetisch veränderten Zellen mit dem der Neuronen von Neugeborenen. Das überraschende Ergebnis: Die verstärkte Integrinbildung beschleunigte das Nervenwachstum auf das bei Zellen von Neugeborenen beobachtete Maß. Dass ein einziges Genprodukt das begrenzte Wachstumspotential adulter Neuronen so stark beeinflussen kann, hätte niemand erwartet.
Condic vergleicht die durch Integrin stimulierbare Nervenzelle mit einem bis auf die Räder vollständigen Auto. „Man gibt ihm die Räder zurück, und es kann losfahren.“ Wie die Räder des Autos stellten die Integrine der Neuronen die Verbindung mit der Umgebung her, die zum Losfahren bzw. zum Wachstum notwendig sei.
Als Nächstes plant Condic ihre Methode der Integrin-Gentherapie in Tierversuchen zu testen. Dabei sollen Nervenfasern bei Tieren mit Rückenmarksverletzungen wieder zum Wachstum angeregt werden.