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Gottesanbeterinnen mal anders

Erde|Umwelt

Gottesanbeterinnen mal anders
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Eine Rinden-Fangschrecke der Gattung Liturgusa (Gavin Svenson, Cleveland Museum of Natural History)
Gottesanbeterinnen sind als gut getarnte Lauerjäger bekannt. Aber es geht auch anders: Forscher haben eine unerwartet große Gruppe von Fangschrecken entdeckt, deren Vertreter sich völlig anders verhalten als ihre bekannteren Verwandten: Sie sind zwar ebenfalls recht gut getarnt, jagen aber aktiv und können dabei extrem schnell rennen. Zudem haben sie ihre Umwelt so gut im Blick, dass sie blitzschnell und gezielt aus dem Blickfeld eines potenziellen Feindes verschwinden. Sie nutzen dabei eine Fluchttaktik, die bisher vor allem von baumbewohnenden Echsen bekannt war.

Gottesanbeterinnen sind Meisterinnen der Tarnung: Ihr Äußeres ähnelt grünen oder vertrockneten Blättern, Zweigen oder sogar Blüten und lässt sie so mit dem Hintergrund verschmelzen. Um ihre Beute zu fangen, müssen die Fangschrecken daher kaum mehr tun als lange genug bewegungslos zu lauern, bis ihnen ein nichtsahnendes Insekt zu nahe kommt. Dann geht alles sehr schnell: Ihre mit Dornen und Klauen besetzten Fangbeine klappen blitzschnell aus und wieder ein und packen so die Beute. Viel bewegen muss sich dieses Raubinsekt daher nicht. Aber es gibt auch ganz andere Vertreter der Fangschrecken – und diese sind häufiger und verbreiteter als bisher gedacht, wie Gavin Svenson vom Cleveland Museum of Natural History und seine Kollegen jetzt feststellten. Sie hatten Exemplare der Fangschrecken-Gattung Liturgusa in Regenwäldern Mittel- und Südamerikas gesammelt und auch bereits konservierte Fangschrecken in 25 Museen weltweit erneut untersucht. Dabei entdeckten sie gleich 19 neue Arten dieser sogenannten neotropischen Rinden-Fangschrecken.

„Diese Fangschrecken sind unglaublich schnelle Läufer, die auf den Stümpfen und Ästen von Bäumen leben“, erklärt Svenson. Wie alle Gottesanbeterinnen sind auch sie eigentlich gut getarnt: Ihre bräunlich gescheckte Oberfläche imitiert Moos, Rinde und Flechten, zusammen mit ihrer abgeflachten Form lässt sie dies förmlich mit dem Hintergrund verschmelzen. Aber dennoch verhalten sich diese Fangschrecken völlig anders als beispielsweise die auch bei uns heimische Gottesanbeterin. Statt still auf Beute zu lauern, jagen die Rinden-Fangschrecken aktiv und auf Sicht. Haben sie in der Ferne eine Beute erspäht, rennen sie auf diese zu und versuchen sie dann zu packen. „Das widerspricht völlig der allgemeinen Vorstellung von Fangschrecken als langsamen und methodischen Jägern“, so Svenson.

Blitzschnelle Flucht

Und noch etwas ist an diesen Gottesanbeterinnen untypisch: Droht Gefahr, erstarren sie nicht und vertrauen auf den Schutz ihrer Tarnung. Stattdessen flüchten sie blitzschnell auf die entgegengesetzte Seite des Astes, bevor der Feind auf sie aufmerksam wird. Einige Liturgusa-Arten springen sogar von ihrem Baumstumpf herunter und flattern wie ein vertrocknetes Blatt zu Boden, wo sie dann bewegungslos liegen bleiben, wie die Forscher beobachteten. „Das ist ein erstaunliches Verhalten für ein Insekt“, erklären die Forscher. Denn dafür muss das Tier seine Umgebung ständig im Blick behalten und rechtzeitig flüchten. Für baumbewohnende Insekten ist das eher untypisch, das Verhalten ähnelt eher dem baumbewohnender Eidechsen. Im Unterschied zu den für ihren Kannibalismus berüchtigten Gottesanbeterinnen-Arten scheinen die Rinden-Fangschrecken zudem untereinander eher verträglich zu sein, wie die Forscher berichten. Ihre Weibchen verzehren ihre Männchen nach der Paarung nicht, wie bei der Europäischen Gottesanbeterin üblich.

Die neuen Funde zeigen, dass die Fangschrecken sehr viel vielseitiger sind als allgemein angenommen, wie Svenson und seine Kollegen betonen. Dass man allein bei den Rinden-Fangschrecken auf einen Schlag 19 neue Arten entdeckt habe zeige, dass solche an spezielle Lebensräume und Lebensweisen angepassten Gottesanbeterinnen sehr viel verbreiteter sein könnten als gedacht. „Das ist aufregend, weil es noch ein enormes Potenzial gibt, unser Wissen über die Vielfalt der Fangschrecken zu erweitern“, so Svenson. Allein in den Sammlungen der Museen schlummern wahrscheinlich noch unzählige Arten, deren Lebensweise und Zugehörigkeit nie genauer untersucht worden ist.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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