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Grüne Fleischfresser geben Geheimnisse preis

Erde|Umwelt

Grüne Fleischfresser geben Geheimnisse preis
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Der australische Zwergkrug ist ein raffinierter Fallensteller. (Foto: Mitsuyasu Hasebe)
Tiere fressen Pflanzen – doch einige skurrile Gewächse haben den Spieß umgedreht: Die sogenannten Karnivoren fangen Insekten mit raffinierten Fallensystemen. Eine genetische Studie hat nun Einblicke gewährt, wie dreimal unabhängig voneinander aus einst friedlichen Gewächsen die Vertreter der Fallgruben-Steller hervorgegangen sind. Es handelt sich um einen interessanten Fall der parallelen Evolution: Die verschiedenen Ursprungs-Pflanzen nutzten bei ihrer Entwicklung ähnliche Grundmechanismen und Substanzen, um die räuberischen Systeme hervorzubringen.

Normalerweise recken Pflanzen bekanntlich friedlich ihre Blätter ins Licht und begnügen sich mit dem Nährstoffangebot des Bodens. Doch den Vertretern der Karnivoren reicht das nicht – sie verleiben sich zusätzlich „Düngertabletten“ in der Form von Insekten ein. Dadurch haben sie Wachstumsvorteile an Standorten, wo der Boden nur wenig Nährstoffe bietet. Um Fliege, Ameise und Co zu fangen, haben die rabiaten Gewächse unterschiedliche Strategien entwickelt. Eine der wichtigsten ist das Fallgruben-System: Sowohl Vertreter der amerikanischen, asiatischen und australischen Karnivoren haben ihre Blätter zu Gefäßen umgewandelt, an deren Öffnungen Nektardrüsen Insekten anlocken. Beim süßen Schmaus finden die Opfer dort dann keinen Halt und fallen in den Kelch. Dort zersetzt sie Verdauungsflüssigkeit und die Pflanze kann sich schließlich die Nährstoffe einverleiben.

Ähnlich aber unabhängig entstanden

Auf den ersten Blick scheinen alle Fallgruben-stellenden Arten sehr ähnlich zu sein – man könnte meinen, dass sie einen gemeinsamen evolutionären Ursprung besitzen. Doch es war bereits klar, dass dies nicht der Fall ist: Die amerikanischen, asiatischen und australischen Vertreter haben sich aus unterschiedlichen Ursprungspflanzen entwickelt, die nicht näher miteinander verwandt waren. Für die Forscher um Victor Albert von der Universität in Buffalo stellte sich damit die Frage: Wie weit reichen die Gemeinsamkeiten  der Fallensteller?

Um ihr nachzugehen, haben sich die Forscher mit dem Erbgut von drei Arten mit Fallgrubensystemen befasst, die aus den unterschiedlichen Entwicklungslinien hervorgegangen sind. Es handelte sich um den australischen Zwergkrug Cephalotus follicularis, die asiatische Kannenpflanze Nepenthes alata und die amerikanische Schlauchpflanze Sarracenia purpurea. Das Genom von Cephalotus haben Albert und seinen Kollegen im Rahmen der Studie sogar komplett sequenziert.

Parallele Evolution

Wie sich herausstellte, war der Entwicklungsweg zur Fleischfresserei bei den drei Pflanzengruppen erstaunlich ähnlich: In den genetischen Vergleichen spiegelte sich wider, dass diese Pflanzen während ihrer Evolution die gleichen Substanzgruppen rekrutierten, um Enzyme für die Verdauung von Beute zu erzeugen. Es handelt sich um pflanzliche Proteine, die ursprünglich der Verteidigung gegen Krankheiten und andere Bedrohungen dienten. Die Enzyme umfassen Chitinasen, die Chitin zersetzen können – die Hauptkomponente der harten Exoskelette von Insekten. Ein weiteres gemeinsames Werkzeug im Baukastensystem der Pflanzen ist beispielsweise die Phosphatase, berichten die Forscher. Sie ermöglicht es, den Pflanzennährstoff Phosphor aus den Körpern der Opfer zu lösen.

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Den Forschern zufolge ist es erstaunlich, dass die unterschiedlichen Pflanzen nicht nur so ähnliche Formen hervorgebracht haben, sondern auch bis auf die Ebene von Enzymen ähnliche Mechanismen nutzen. Es handelt sich ihnen zufolge um ein wunderbares Beispiel von paralleler Evolution: Um sich an spezielle Herausforderungen anzupassen, entwickeln Arten unabhängig voneinander ähnliche Strategien. „Offenbar gab es nur begrenzte Möglichkeiten, um zu einer fleischfressenden Pflanze zu werden“, sagt Albert. „Diese Pflanzen besaßen einen ursprünglichen genetischen Werkzeugkasten, mit dem sie versuchten, Fleischfresser-Strategien hervorzubringen. Und am Ende kamen sie alle mit ähnlichen Lösung“, so der Forscher.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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