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HÖCHST EIGENARTIG: DIE TIERE SÜDAMERIKAS

Erde|Umwelt

HÖCHST EIGENARTIG: DIE TIERE SÜDAMERIKAS
Wer nach Südamerika reist, kann Tiere sehen, die es nirgendwo sonst gibt. Der Evolutionsbiologe und wissenschaftliche bdw-Reiseleiter Josef H. Reichholf erklärt, warum.

Südamerikas Tierwelt ist eigenartig. Es gibt dort Faultiere und Faulvögel, Ameisenbären und Ameisenvögel. Die Gürteltiere, die zu den Säugetieren gehören, können sich bei Gefahr zu einer steinharten Kugel zusammenrollen. Töpfervögel brüten in fußballgroßen Hohlkugeln aus Lehm. Vampir-Fledermäuse schwärmen nachts aus, um Säugetieren Blut abzuzapfen. Ameisen züchten in unterirdischen Anlagen Pilze, von deren Fruchtkörper sie leben. Spinnen, handgroß und haarig, erbeuten Jungvögel. Fische, die berüchtigten Piranhas, skelettieren mit rasiermesserscharfen Schneidezähnen in wenigen Minuten große Säugetiere. Ein anderer Fisch, der Candiru, dringt über die Harnröhre in einen Menschenkörper ein und lebt dann in der Harnblase.

Es gibt nicht nur einzelne ungewöhnliche Arten in Südamerika. Die ganze Fauna ist seltsam zusammengesetzt: Die Beutelratten haben entfernte Verwandte in Australien. Den Jaguar dagegen, eine gefleckte Großkatze, könnte man für einen Leoparden halten, wie er in Afrika und Asien vorkommt. Die Hirsche ähneln dem Weißwedelhirsch Nordamerikas, wogegen der südamerikanische „Wolf“ , der Mähnenwolf, ganz anders als die echten Wölfe aussieht. Mit überlangen Beinen geht er wie auf Stelzen und läuft im Passgang, wenn er Eile hat. Zu seiner Hauptnahrung gehören die grünen Früchte einer mit der Kartoffel verwandten Pflanze.

KLEINE AFFEN, KLEINE KAMELE

Betrachtet man die südamerikanischen Säugetiere insgesamt, fällt auf, dass große Arten fehlen. Die von den Europäern mitgebrachten Rinder und Pferde übertreffen die größten ursprünglich südamerikanischen Landsäugetiere, den Berg- und den Flachlandtapir, um ein Mehrfaches an Gewicht. Die Kamele – Guanako und Vikunja sowie die daraus gezüchteten Alpakas und Lamas – liegen weit unterhalb der Größe der altweltlichen Kamele. Auch die größten der südamerikanischen Affen sind so klein, dass ein Mensch sie leicht auf den Arm nehmen kann. Nicht einmal unter den in Südamerika besonders artenreichen Fledertieren gibt es Arten, die an Größe und Spannweite an die altweltlichen Flughunde heranreichen. Die Vogelwelt enthält mit den Kolibris die kleinsten Vogelarten überhaupt. Kleinwüchsig ist die Tierwelt Südamerikas also, aber so artenreich wie auf keinem anderen Kontinent.

Was sind die Gründe für diese Besonderheit? Das gegenwärtige Bild der südamerikanischen Fauna lässt sich ohne Kenntnis der Vergangenheit nicht verstehen. Dies ist die erste Lektion bei der Beschäftigung mit der „Neogäa“, wie die mittel- und südamerikanische Naturregion von Tiergeographen genannt wird. Sie umfasst den ganzen Kontinent Südamerika und einen Großteil Mittelamerikas sowie die Inseln der Karibik. Neogäa bedeutet „ Neue Erde“. Zugrunde liegt die umgangssprachliche Bezeichnung „ Neue Welt“. Damit ist für gewöhnlich Süd- und Nordamerika gemeint. Beide Kontinente waren für die europäischen Entdecker „ neu“, doch mit der Tier- und Pflanzenwelt der beiden Kontinente verhält es sich ganz anders. Nordamerika weist nämlich sehr enge Beziehungen zum nördlichen Asien und zu Europa auf. Südamerika hingegen ist so eigenständig wie Australien (die „Notogäa“, benannt nach dem griechischen Namen für den Südwind). Beiden gegenüber steht die „Alte Welt“ – Eurasien, Nordamerika und Afrika, die „Arctogäa“.

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Diese Dreiteilung der Erde wurde bereits von den Tier- und Pflanzenforschern des 19. Jahrhunderts erkannt, aber nicht verstanden. Sie hat mit der Spaltung und Verschiebung der Kontinente zu tun, der „Plattentektonik“. Australien und Südamerika hatten sich schon im späten Erdmittelalter vom riesigen Südkontinent Gondwana abgelöst und – nachdem sie auch den Kontakt mit der Antarktis verloren hatten – eigene Wege genommen. Unmerklich langsam drifteten sie in Jahrmillionen zu ihren heutigen Positionen.

Damit gab es nicht mehr nur eine große Evolutionslinie, nämlich die uns vertraute in unserer Alten Welt, sondern zwei weitere, sehr unterschiedliche. In Australien gediehen die Beuteltiere, in Südamerika die Faul- und Gürteltiere sowie die Ameisenbären. Aber hier kam es auch zu Sonderwegen anderer Gruppen von Säugetieren. Besonders ausgeprägt geschah dies bei den zu den Nagetieren gehörenden Meerschweinchen-Verwandten und bei den Primaten. Die Breitnasenaffen machten in Südamerika eine aufschlussreiche Parallel-Evolution zu ihren Verwandten durch, den afroasiatischen Schmalnasenaffen. Sie passten sich speziell an das Leben im Geäst der Bäume an, blieben wie die fernen Vorfahren der Primaten Insektenesser und klein. Nur wenige Arten gingen dazu über, sich von Blättern und Früchten zu ernähren. Den Boden mieden sie weitgehend. Wir Menschen stammen vom Zweig der afroasiatischen Schmalnasenaffen ab. So können wir uns die Frage stellen, ob wohl auch die südamerikanischen Breitnasenaffen so etwas Ähnliches wie Menschen hätten hervorbringen können.

ZWÄNGE und FREIHEITEN

Die unabhängigen Parallel-Evolutionen zeigen, dass es keineswegs so kommen musste, wie es – bei uns in der Alten Welt – gekommen ist. Viele andere Versionen wären möglich gewesen. Zwei davon sind in der Notogäa und in der Neogäa realisiert worden. Diese Erkenntnis hat einschneidende Konsequenzen für die Ökologie. Denn sie darf nicht länger davon ausgehen, dass die Natur so funktionieren muss, wie wir sie hier und jetzt bei uns zu Hause vorfinden. Die Natur hat eine Geschichte, eine Naturgeschichte. Diese bestimmt viel stärker die Zusammensetzung der Pflanzen- und Tierwelt, als vielfach in der Ökologie angenommen wird. Es gibt in der Natur keine Festlegung, welche Arten wo genau vorkommen müssen. Nicht nur Zwänge bestimmen den Naturhaushalt, es gibt auch die Freiheit neuer Möglichkeiten. Dass die Tierwelt Südamerikas sich so anders als die geographisch und klimatisch nächstliegende afrikanische entwickelt hat, liegt also vornehmlich an erdgeschichtlichen Gründen – aber nicht ausschließlich.

klimaschaukel der eiszeit

Südamerika war seit dem frühen Tertiär ein Inselkontinent ohne Verbindung mit Nordamerika oder Afrika. Dieser Zustand währte rund 50 Millionen Jahre. Doch vor gut drei Millionen Jahren begann eine einschneidende Entwicklung. Durch Vulkanismus entstanden zwischen Nord- und Südamerika Inseln. Die anfangs recht große Lücke verkleinerte sich nach und nach, bis sie ganz geschlossen war und als Landbrücke mit den heutigen Ländern Panama und Costa Rica beide Kontinente miteinander verband.

Als Folge dieser Sperre staute sich das warme Wasser, das vorher der Passat aus dem tropischen Atlantik in den Pazifik hinüber getrieben hatte. Aus der riesigen Bucht, die wir „Golf von Mexiko“ nennen, brach der Golfstrom nach Nordosten aus. Er setzte die eiszeitliche Klimaschaukel mit ihrem Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten in Gang. Seit der Trennung von Atlantik und Pazifik herrschten andere Meeresströmungen. Das Klima trat global in die Phase der Eiszeiten ein, das Pleistozän. Unsere Zeit, das Holozän, ist nichts anderes als eine Zwischeneiszeit in diesem großen Wechselspiel. Der großklimatische Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten beeinflusste einen anderen Vorgang von interkontinentaler Tragweite: Bodengebundene Lebewesen konnten besonders während der Kaltzeiten dank der geschrumpften Wälder von Nord- nach Südamerika und umgekehrt wandern. Die Warmzeiten behinderten diesen Austausch, weil sich die Tropenwälder wieder ausbreiteten. Der „Große interamerikanische Faunenaustausch“ löste die größte Mischung höchst unterschiedlicher Tierwelten aus, die es jemals gegeben hat – und setzte die stärkste „ Artenpumpe“ in Gang: Denn mit dem Vor und Zurück wurden immer wieder Populationen isoliert, die in Zehntausenden von Jahren eigenständige Entwicklungen durchliefen.

die meisten arten WELTWEIT

Das Ergebnis, so wie wir es zwei Millionen Jahre nach Beginn dieser großen Mischung vorfinden, ist spektakulär: Südamerika hat heute die größte Biodiversität weltweit. Das erheblich größere Nordamerika ist viel artenärmer. Und noch etwas fällt auf: Nur ganz wenigen Arten der südamerikanischen Tierwelt ist es gelungen, nach Nordamerika vorzudringen, etwa dem Armadillo, einem Gürteltier, und einer Nabelschwein-Art. Dagegen kamen sehr viele „Nordamerikaner“ in den Süden: Hirsche und Füchse zum Beispiel, der Puma und während der Eiszeit auch Pferde. Die Erklärung, Nordamerika liege eben weitestgehend außerhalb der Tropenzone, sodass sich tropische Arten aus klimatischen Gründen dorthin nicht ausbreiten konnten, trifft zwar für einen Teil des Artenspektrums der „Südamerikaner“ zu, erklärt aber keinesfalls die große Dimension des Unterschieds. Von den heutigen südamerikanischen Säugetierfamilien kommt die Hälfte aus dem klimatisch gemäßigten Nordamerika. Vertreter südamerikanischer Säugetiere, auch solche aus den kühlen und kalten Regionen des Südkontinents, fehlen dagegen fast vollständig in den entsprechenden Lebensräumen Nordamerikas. Die „Südamerikaner“ waren der Nordfauna irgendwie unterlegen – aber wie und warum?

Vielleicht, weil sie im Allgemeinen kleiner waren. Allerdings lebten größere Säugetiere bis gegen Ende der letzten Eiszeit in Südamerika: Riesenfaultiere sowie die massiv gepanzerten Glyptodonten, Verwandte der Gürteltiere aus der urtümlichen Gruppe der Nebengelenktiere (Xenarthra). Sie erreichten immerhin die Größe von Autos. Die Riesenfaultiere starben erst aus, nachdem die Vorfahren der Indios aus Nordamerika eingewandert waren. Eine Hypothese besagt, dass sie sämtliche Großtiere ausrotteten. Als „spätpleistozäne Overkill-Hypothese“ ist diese Deutung bekannt geworden.

NUR MIT HALBER KRAFT

Riesenfaultiere waren aller Wahrscheinlichkeit nach „faule Tiere“. Wie bei den heutigen Faultieren lief ihr Stoffwechsel auf einem für Säugetiere sehr niedrigen Niveau. Der Grundumsatz, also die Freisetzung von Energie im Körper ohne besondere Anstrengung, erreichte lediglich die Hälfte des Normalwertes moderner Säugetiere. Ähnlich niedrig ist er bei den Gürteltieren. Die größte noch existierende Art, das Riesengürteltier, liegt mit nur 30 Prozent des Normalwertes sogar fast auf dem Niveau großer Reptilien. Weit unterdurchschnittliche Grundumsatzwerte weisen auch die Ameisenbären auf. Alle drei der für die Neogäa so einzigartigen Säugetiergruppen arbeiten gleichsam mit halber Kraft in ihrem Innern. Und auch die übrigen südamerikanischen Säugetiere erreichen – auf ihre Körpermasse bezogen – lediglich 80 Prozent des für Säugetiere üblichen Niveaus im Energieumsatz.

Hängt die Überlegenheit der „Nordamerikaner“ mit dem Grundumsatz zusammen? Vieles deutet darauf hin. Denn je später die Vorfahren der betreffenden, jetzt in Südamerika lebenden Arten auf diesen Kontinent gekommen sind, desto eher entsprechen sie im Niveau ihres Stoffwechsels den Säugetieren der Alten Welt.

Sogar die sonst so lebhaften Affen haben in ihrem großen artenreichen südamerikanischen Zweig den Stoffwechsel um 10 bis 20 Prozent reduziert. Sie tollen bei Weitem nicht so hurtig durch die Baumkronen wie ihre ferne Verwandtschaft in Afrika und Südasien. Im Gegenteil: Mit der speziellen Entwicklung eines Greifschwanzes als fünfter Hand können sich mehrere der größeren Arten der südamerikanischen Affen sehr gezielt, vorsichtig und sicher im Gezweig bewegen – und dabei mit beiden freien Händen Insekten „pflücken“. Bezeichnenderweise verhalten sich diverse Vogelgruppen, die von Insekten leben, ganz ähnlich – etwa die eingangs schon erwähnten Faulvögel (Bucconidae). Auffallend viele südamerikanische Vögel sitzen ruhig und untätig herum, bis sie plötzlich ein Insekt fangen. „Perching birds“ werden sie im Angloamerikanischen zutreffend genannt – ein Wort, für das es keine direkte Übersetzung im Deutschen gibt. „Perch“ bezeichnet im Englischen eine Sitzstange. Wer viel herumsitzt, verbraucht natürlich relativ wenig Energie.

Kolibris UND DIE NEKTARQUELLE

Die Kolibris widersprechen diesem Prinzip ganz offensichtlich: Ihr Schwirrflug beim Nektarsammeln ist im Vergleich zum Normalflug von Kleinvögeln um das Fünf- bis Zehnfache aufwändiger. Doch der Aufwand lohnt sich: Nektar ist in in den Tropen eine ergiebige Energiequelle. Dieser Treibstoff ermöglicht es den Vogelzwergen auch, kleinste Insekten punktgenau zu fangen. Sie dienen als Quelle für Eiweiß, das für die Fortpflanzung unentbehrlich ist. Die Erschließung des Nektars als Energielieferant begünstigte sicherlich die Verzwergung dieser Vögel bei gleichzeitig extrem hohem Energieumsatz. Wo die Energie nicht begrenzt, aber das verwertbare Eiweiß knapp ist, lohnt der hohe Aufwand durchaus. So verweisen Kolibris und Faulvögel auf ein in Südamerika offenbar besonders ausgeprägtes Phänomen: In den tropischen und subtropischen Regionen ist Protein sehr knapp. Dieser Mangel hält die Lebewesen klein oder zwingt sie, kleinere Versionen zu entwickeln. Die Knappheit begünstigt die Tendenz zu einem niedrigen Grundumsatz im Stoffwechsel.

Auch für den Proteinmangel muss es handfeste Gründe geben, die Südamerika vom tropischen Afrika und auch von Südostasien stark unterscheiden. Physische Landkarten zeigen den entscheidenden Unterschied: In Südamerika gibt es östlich der Anden keine Vulkane. Die Vulkanzone liegt auf der westlichen, der schmalen pazifischen Seite. Afrika hingegen hat im Binnenland den großen Grabenbruch mit Vulkanen, und in Südostasien prägen Vulkane die Inselwelten. Der Vulkanismus ergänzt in den feuchttropischen Regionen immer wieder die von den Niederschlägen ausgewaschenen und verlustig gegangenen, für das Wachstum der Pflanzen aber unentbehrlichen Mineralstoffe Kalium, Magnesium und Kalzium sowie auch Phosphor, der für den Auf- und Umbau der Proteine gebraucht wird. Rar sind auch mineralische Stickstoffverbindungen.

Östlich der Anden, in Amazonien, sind die Böden so dürftig, dass es schwer ist, auf ihnen in unserem Sinne Landwirtschaft zu betreiben. Und die amazonischen Wälder stehen großflächig auf so extrem nährsalzarmen Böden, dass diese kaum mehr als nur ein Standort für Bäume sein können. Der Nährstoffeintrag auf dem Luftweg ist daher lebenswichtig für den Amazonas-Regenwald. Der Passat trägt Saharastaub über den Atlantik. Der Wald ist auf die Nutzung dieser Düngung aus der Luft eingerichtet. Doch so knapp wie die Stoffe sind, die für den Aufbau von Proteinen benötigt werden, kann nicht viel für die Tiere abfallen. Die machen sich deshalb rar und werden nicht groß.

MANGEL FÜHRT ZU VIELFALT

Die Vegetation schützt sich gegen zu starke Nutzung mit dem, was im Überfluss vorhanden ist: mit Sonnenenergie und Wasser für den Aufbau hochgradig komplexer und damit meist ungenießbarer oder sogar giftiger Pflanzenstoffe aus der Kohlenstoffsynthese. Die Neuproduktion von Eiweiß ist dürftig. Der südamerikanische Tropenwald gibt fast nichts her. Ähnlich verhält es sich regional auf Sumatra, Borneo oder in Zentralafrika. Von 1000 Tonnen Pflanzenmasse pro Hektar können nur Tiere mit einem Gesamtgewicht von höchstens ein paar Dutzend Kilogramm leben.

Dieses Missverhältnis begünstigt allerdings die Entstehung neuer Arten. Die Vielfalt des Lebens, wie man sie in Südamerika so eindrücklich beobachten kann, ist die Antwort auf den Mangel. Knappheit hält die Bestände der verschiedenen Arten klein und verhindert, dass sich einige wenige konkurrenzkräftige Arten durchsetzen und die anderen verdrängen. Deshalb ist es auch so leicht, die Tropennatur Südamerikas zu übernutzen und so schwer, sie in dauerhaft produktivem Zustand zu erhalten. Mangel, Artenreichtum, geringe Körpergröße der Tiere und das erfolgreiche Überleben anspruchsarmer, stammesgeschichtlich alter Arten fügen sich zu einem Bild zusammen, das die Besonderheit der Tierwelt Südamerikas zumindest in groben Zügen zeichnet.

Solche Gegebenheiten der Natur haben auch Konsequenzen für die Nutzung durch den Menschen. Es war sicherlich kein Zufall, dass volkreiche Hochkulturen in den zwar klimatisch rauen, an Niederschlag armen, aber im Hinblick auf die Nährstoffversorgung ungleich günstigeren Hochlagen der Anden entstanden und nicht im angenehm warmen, wasserreichen Amazonien. Natur und Geschichte fügen sich auch in Bezug auf den Menschen und seine Kulturen zu einer schlüssigen Naturgeschichte zusammen. In Südamerika kann man sie reisend und beobachtend nacherleben. ■

JOSEF H. REICHHOLF ist ein bekannter Biologe und Autor. 2007 erhielt er den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa.

von Josef H. Reichholf

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Lesen

Josef H. Reichholf Der Tropische Regenwald Die Ökobiologie des artenreichsten Naturraums der Erde S. Fischer, Frankfurt 2010, € 9,95

Das Werk wurde neu aufgelegt und ist ab 11. November 2010 im Buchhandel.

KOMPAKT

· Südamerika war 50 Millionen Jahre lang ein Inselkontinent. Deshalb machten die Tierarten dort eine eigenständige Evolution durch.

· Später kam es zum Austausch mit der Fauna Nordamerikas, wobei sich die aus dem Norden stammenden Tiere als durchsetzungsfähiger erwiesen.

· Ein weiterer Grund für die Artenvielfalt ist erstaunlicherweise der Nährstoffmangel der Böden.

ERST GETRENNT, DANN VEREINT

Vor 200 Millionen Jahren, zum Ende des Erdzeitalters Trias, begann der südliche Großkontinent Gondwana zu zerfallen. Am Ende des Jura, vor 145 Millionen Jahren, setzte die eigenständige Entwicklung der australischen Fauna ein, während das künftige Nordamerika noch mit Europa und das künftige Südamerika mit Afrika verbunden war. Vor 65 Millionen Jahren, als das Erdzeitalter Kreide zu Ende ging, fing mit dem Tertiär die Erdneuzeit an, in der wir heute leben. Zu Beginn des Tertiärs waren Nord- und Südamerika noch getrennt und blieben es für 50 Millionen Jahre. Heute besteht eine Landbrücke zwischen den beiden Amerikas. Diese Verschmelzung hatte gravierende Folgen für das Weltklima und auch für die Tierwelt Südamerikas.

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