Invasive Tiere können immense ökologische Schäden hervorrufen. Dass die lokale Ausbreitung gebietsfremder Tiere nicht nur schlecht für die Artenvielfalt, sondern auch für die Wirtschaft ist, zeigt nun eine Studie. Dafür rechneten Wissenschaftler alle weltweit bekannten ökonomischen Schäden durch invasive Krebstiere zusammen und kamen auf eine stattliche Summe: 236 Millionen Euro an Kosten sollen sie bereits verursacht haben – die Liste ist allerdings lange nicht vollständig.
Süßwasser-Ökosysteme reagieren besonders anfällig auf die Einführung gebietsfremder Arten wie Muscheln, Fische, Wasserpflanzen oder Krebstiere. Bei Letzteren richten besonders invasive Flusskrebse und Krabben hohe ökologische Schäden an, da sie aufgrund ihrer Größe, ihrer zentralen Rolle in Ökosystemen und ihrer Toleranz gegenüber verschiedenen Lebensbedingungen im Allgemeinen einen hohen Einfluss auf ihre Umgebung haben können.
Wirtschaftliche Schäden größtenteils unbekannt
„In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte beim Verständnis der ökologischen Auswirkungen invasiver Arten auf Ökosysteme gemacht“, erklärt Plilip Haubrock vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. „Doch obwohl den Einschleppungswegen und Auswirkungen dieser gebietsfremden Arten in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, sind die entstehenden wirtschaftlichen Kosten häufig noch unzureichend bekannt.“
Gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam hat Haubrock nun zusammengefasst, wie hoch die monetären Schäden sind, die Krebstiere weltweit in Süßgewässern anrichten. Als Grundlage ihrer Untersuchung nutzten die Wissenschaftler die Datenbank „InvaCost“, die unter anderem vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS unterstützt wird. In der Datenbank sollen alle bekannten Kosten, die durch invasive Arten hervorgerufen und durch Meldungen und Studien erfasst wurden, aufgelistet sein. Haubrock und sein Team filterten aus der InvaCost-Datenbank alle Einträge heraus, die auf Krebstiere zurückzuführen waren und werteten sie aus.
Hauptsächlich Flusskrebse und Krabben
Das Ergebnis: „Die globalen wirtschaftlichen Kosten invasiver aquatischer Krebstiere beliefen sich seit Beginn der Erfassung in den 1960er-Jahren auf 236 Millionen Euro“, so Haubrock. Der Großteil dieser Summe ging auf Flusskrebse und Krabben zurück, aber auch innerhalb dieser beiden Gruppen gab es besonders kostspielige Arten. „Die durch Krebse verursachten Kosten können wir hauptsächlich dem Signalkrebs in Schweden zuschreiben – diese Art verursachte dort seit dem Jahr 2000 Schäden von 101,5 Millionen Euro“, erklärt Haubrock.
Der Anteil der durch invasive Krabben hervorgerufenen Kosten beläuft sich auf etwa 130,3 Millionen Euro. Hierbei sind die Europäische Grüne Krabbe und die Chinesische Wollhandkrabbe besonders verantwortlich. Letztere wurde Anfang des 20. Jahrhunderts mit Schiffen aus Asien eingeschleppt und hat sich inzwischen in ganz Europa ausgebreitet. Die monetären Schäden zeigen sich laut den Wissenschaftlern hauptsächlich in der Schädigung des Ökosystems und im Verlust von Ressourcen, was besonders die Fischerei betrifft. Viele der in der InvaCost-Datenbank aufgeführten Einträge konnten allerdings keinem festen Sektor zugeordnet werden.
Datensatz wahrscheinlich unvollständig
Ein weiteres Problem der zugrundeliegenden Daten ist laut den Forschern allerdings auch, dass sie ihrer Einschätzung nach unvollständig sind. Alle in der Studie berücksichtigten Einträge belaufen sich auf Schäden in Mitteleuropa, Nordamerika und Japan. „Leider gibt es bei der Erfassung der invasiven Krebstiere und der entstehenden Kosten große Datenlücken: Das fängt bei der Abwesenheit ganzer Kontinente, wie Afrika oder Australien, an und geht mit fehlenden Daten zu Zeiträumen und Arten weiter. Wir gehen daher davon aus, dass die gemeldeten monetären Kosten stark unterschätzt werden“, betont Haubrock.
Die Wissenschaftler unterstreichen deshalb die Notwendigkeit einer besseren systematischen Erfassung von Kosten, die durch invasive Krebstiere hervorgerufen werden. Nur so könne das Ausmaß der monetären Schäden besser eingeschätzt werden. „Dies wird es den nationalen und regionalen Behörden ermöglichen, in geeignete Strategien und Maßnahmen zu investieren, die dazu beitragen können, diese Auswirkungen in Zukunft abzumildern“, schreiben die Forscher.
Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen; Fachartikel: Science of the Total Environment, doi: 10.1016/j.scitotenv.2021.152325