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Hunde imitieren auch Sinnloses

Erde|Umwelt

Hunde imitieren auch Sinnloses
Hunde sind gute Beobachter: Sie zeigen sogar Ansätze zur sogenannten Überimitation. (Foto: T. Suchanek/ Vetmeduni Vienna)

Als unsere sprichwörtlich besten Freunde haben sich Hunde perfekt an ein Leben mit dem Menschen angepasst und lernen leicht von uns. Durch das Beobachten und Nachahmen ihrer Besitzer können sich die Vierbeiner nützliche Fertigkeiten aneignen, um etwa zu Leckerlis zu gelangen. Dabei imitieren sie überraschenderweise allerdings auch Aktionen, die eigentlich keinen Sinn ergeben, wie Forscher nun berichten. Das Besondere: Dieses Phänomen der sogenannten Überimitation galt bisher als typisch menschlich.

Ob motorische Abläufe, die richtige Futterauswahl oder bewährte Migrationsrouten: Viele Tierkinder lernen durch abgucken. Indem sie ihre Eltern und andere Artgenossen erst beobachten und schließlich imitieren, eignen sie sich nach und nach wichtige Fähigkeiten an. Diese Form des sozialen Lernens ist auch bei uns Menschen verbreitet. Unser Hang zur Imitation reicht allerdings weit über das aus dem Rest des Tierreichs Bekannte hinaus. Wir neigen zur sogenannten Überimitation. Das bedeutet, dass wir auch Dinge nachahmen, die keinen offensichtlichen Nutzen bringen und für das Erreichen eines bestimmten Ziels ursächlich irrelevant sind. Versuche zeigen zum Beispiel: Klopft ein Erwachsener mit einer Feder auf die Seite eines Gefäßes und schraubt erst dann den Deckel ab, um einen Spielzeug-Dinosaurier herauszuholen, tun viele Kinder es ihm gleich. Dabei könnten sie das Spielzeug auch ohne Klopfen aus dem Gefäß befreien.

Imitationstest mit Vierbeinern

Warum dieses getreue Kopieren von Abläufen mit kausal irrelevanten Handlungen passiert, ist bis heute nicht ausreichend erforscht. Eines der Erklärungsmodelle besagt, dass Kinder glauben, von Erwachsenen absichtlich gezeigte, nichtkausale Handlungen seien irgendwie notwendig, um ein relevantes Ziel zu erreichen. Klar schien bisher nur, dass Überimitation ein eindeutig menschliches Phänomen ist – es ist nicht einmal von Menschenaffen bekannt. Doch handelt es sich bei der Überimitation wirklich um ein auschließlich menschliches Verhalten? Wissenschaftler um Ludwig Huber von der Veterinärmedizinischen Universität Wien stellen diese gängige Annahme nun infrage: Sie haben bei Hunden Hinweise auf das vermeintlich typisch menschliche Verhalten entdeckt.

Für die Studie stellte das Forscherteam insgesamt 60 Vierbeiner auf die Probe, die in vier gleich große Gruppen mit ähnlicher Zusammensetzung in Sachen Geschlecht, Alter, Trainingsgeschichte und Rasse eingeteilt wurden. Im Test wurden die Hunde in einen Raum gelassen, an dessen Wand eine Türklappe installiert war, hinter der sich leckeres Futter befand. Außerdem hing in einiger Entfernung davon Papier mit bunten Punkten. Zuvor hatten die Tiere ihre Bezugspersonen in ebendiesem Raum beobachtet. Diese hatten dabei jeweils unterschiedliche Handlungen ausgeführt: Ein Teil der Besitzer demonstrierte lediglich das Öffnen der Tür, ein anderer berührte die Farbpunkte auf dem Papier und eine dritte Gruppe berührte erst die Punkte, um dann die Tür zu öffnen. In der letzten und vierten Gruppe bekamen die Hunde ebenfalls zwei Aktionen zu sehen – dabei wurde allerdings erst die Tür geöffnet und danach die Punkteaktion vorgeführt.

Von wegen rein menschlich

Die entscheidende Frage war nun: Würden die Hunde auch Handlungen nachahmen, die für sie zu keinem relevanten Ergebnis führen – also zum Beispiel die Farbpunkte berühren, bevor sie die Tür mit der dahinter verborgenen Belohnung öffneten? Tatsächlich offenbarte sich: 50 Prozent der Vierbeiner wiederholten eine kausal irrelevante Aktion, die von ihrer Bezugsperson demonstriert wurde. Die Hälfte dieser Hunde tat dies unabhängig davon, ob die Aktion vor oder nach einer kausal relevanten, funktionellen Handlung gezeigt worden war. Damit zeigten die Tiere in Summe ein mittleres Maß an Überimitation, wie die Wissenschaftler berichten.

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„Ähnlich wie bei Kindern scheint das Kopieren ihrer Bezugspersonen bei Hunden ein tiefgreifender sozialer Prozess zu sein. Das Kopieren von offensichtlich kausal irrelevanten Handlungen kann daher nicht mehr als eine einzig menschliche Handlung angesehen werden, sondern eine, die der Mensch mit seinen vierbeinigen Begleitern teilt“, schließt Huber.

Quelle: Ludwig Huber (Veterinärmedizinische Universität Wien) et al., Learning & Behavior, doi: 10.3758/s13420-018-0336-z

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