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„Ich nehm’halt eine Nummer größer“

Interview mit einem Großgewachsenen

„Ich nehm’halt eine Nummer größer“
Der Durchschnittsdeutsche über den Wettlauf mit dem Durchschnittsamerikaner, über verschobene Konfektionsgrößen und unklare genetische Ursachen. Guten Tag, stören wir? Ich bitte Sie! Es ist 19 Uhr, Abendessenszeit! Oh, Verzeihung! Gewohnheiten ändert man nicht so leicht. Aber gut, ich mache mal eine Ausnahme. Wir wissen bereits viel über Sie: Sie sind fußballbegeistert, wechseln fast täglich die Unterwäsche, greifen in der Kantine am liebsten zum Schnitzel, stehen sechs Monate Ihres Lebens im Stau und erzeugen 10,7 Tonnen

Ich bitte Sie! Es ist 19 Uhr, Abendessenszeit!

Oh, Verzeihung!

Gewohnheiten ändert man nicht so leicht. Aber gut, ich mache mal eine Ausnahme.

Wir wissen bereits viel über Sie: Sie sind fußballbegeistert, wechseln fast täglich die Unterwäsche, greifen in der Kantine am liebsten zum Schnitzel, stehen sechs Monate Ihres Lebens im Stau und erzeugen 10,7 Tonnen CO2 im Jahr. Und 2007 haben Sie weniger Hausmüll produziert als im Vorjahr.

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Nun ja, man lebt, man bewegt sich, man bringt das Altglas zum Container. Aber diese Dinge sind doch sicher nicht der Grund, weshalb Sie anrufen?

Nein, wir wollen wissen, warum Sie immer größer werden. Den Durchschnittsamerikaner haben Sie schon überholt.

Der Ami! Der Leitwolf der industrialisierten Welt! Anfang des 20. Jahrhunderts war er noch größer als ich, aber inzwischen habe ich ihn abgehängt.

Sind das nicht die eingewanderten Mexikaner, die in den USA den Schnitt drücken?

Nein, die sind da schon rausgerechnet! Es ist der Ami an sich. Der wächst seit dem Zweiten Weltkrieg fast nur noch in die Breite. Zu viel Hamburger und Cola!

Aber Sie sprengen doch auch jedes Maß. Die Textilindustrie ist besorgt, weil Sie kaum mehr in die Konfektionsgrößen passen. Die DIN-Norm 33402, „Körpermaße des Menschen“, greift nicht mehr.

Ja, das hat sich irgendwie verschoben. Mir ist das aber wurscht. Nehm‘ ich halt eine Nummer größer.

Die Industrie sieht das nicht so locker. Auch Auto- und Möbelhersteller wollen wissen, wie groß Sie sind und wie sich Ihre Proportionen verändert haben.

Naja, stimmt schon. Diese großen dünnen Frauen zum Beispiel, die gab’s früher nicht so oft. Deshalb werde ich jetzt ja so genau vermessen, mit „Size Germany“.

Das ist angeblich das ehrgeizigste Vermessungsprogramm der Geschichte.

Richtig! Meistens hat man nur die Körpergröße und ein paar weitere Maße. Jetzt aber werden 12000 Bundesbürger dreidimensional gescannt, im Stehen und im Sitzen. Über 70 verschiedene Körpermaße von jedem! Da bleibt keine Frage offen.

Dennoch: Die Wissenschaft rätselt, warum Sie in den letzten Jahrzehnten so stark gewachsen sind.

Tja, wer weiß? Die einen halten die ausgewogene Ernährung für die Ursache, andere die gute medizinische Versorgung. Es gibt auch die Ansicht, der Mensch der Moderne wachse mehr, weil er nicht mehr so hart körperlich arbeiten müsse. Und die Genetiker suchen fieberhaft nach den Genen, die die Körpergröße bestimmen. Aber das scheint nicht so einfach zu sein. Darf ich mal was, äh, Philosophisches sagen?

Gern.

Das ist doch eigentlich auch schön. Die können mich noch so genau vermessen – über die inneren Ursachen erfahren sie nichts. Das Geheimnis bleibt.

Zwei Fragen noch zum Schluss: Sind Sie eigentlich ein Mann oder eine Frau?

Ich bin zu 52 Prozent weiblich und zu 48 Prozent männlich. Meine weibliche Seite ist etwas stärker entwickelt.

Und heißen Sie wirklich Mustermann?

Haha! Nein. Das hat sich eine Werbeagentur ausgedacht. Nennen Sie mich, wie Sie wollen. Meinetwegen auch Müller.

GESPRÄCH: MARTIN RASPER

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