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Kegelrobben auf akustischem Fischzug

Erde|Umwelt

Kegelrobben auf akustischem Fischzug
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Kegelrobbe Janice lernte schnell, dass Ultraschallmarker leckere Fischbeute anzeigen (Amanda Stansbury, University of St Andrews)
Ob Motorengeräusche, Sonar-Pulse oder akustische Barken: Dieser menschgemachte Lärm im Ozean ist für die meisten Meerestiere eine Belastung. Er versetzt sie in Stress, stört ihre eigene akustische Kommunikation und kann ihre Navigation beeinträchtigen. Doch es gibt auch Tiere, die sich mit Hilfe menschengemachter Signale einen Vorteil verschaffen, wie ein Experiment jetzt nachweist. Dabei lernten Kegelrobben sehr schnell, akustischen Markern zu folgen, wie sie vielen Fischen zur Populationsüberwachung angehängt werden. Sie nutzen schon nach kurzer Zeit diese Marker gezielt, um ihre Fisch-Beute aufzuspüren.

In der Fischhaltung, aber auch in der Überwachung von Fischpopulationen, werden heute zunehmend akustische Hilfsmittel eingesetzt. So tragen beispielsweise Netze an Aquakultur-Anlagen oft akustische Abschreckungsbarken. Forscher rüsten zudem häufig Fische und wirbellose Meerestiere mit miniaturisierten Ultraschallsendern aus, um ihre Wanderungswege und Populationsentwicklung zu überwachen. Diese Sender erzeugen Ultraschallsignale, von denen man annimmt, dass sie für die Trägertiere unhörbar sind. “Aber für einige räuberische Meerestiere, darunter Robben, sind diese Signale durchaus hörbar”, erklären Amanda Stansbury von der University of St. Andrews und ihre Kollegen. Bisher weitgehend unbekannt war aber, ob diese Tiere auch lernen, solche Signale mit vielversprechender Beute zu verbinden und gezielt anzuschwimmen. Die Forscher haben dies nun mit Kegelrobben getestet.

Für ihr Experimente platzierten die Wissenschaftler in einem langgestreckten Becken 20 undurchsichtige Boxen, in die ein Fisch entweder in Reichweite oder außer Reichweite der Robben platziert werden konnte. Diese konnten über eine Art Schleuse ihren Kopf in die Box stecken und den Fisch mit dem Maul packen – so er denn für sie erreichbar platziert war. Nachdem die zehn jungen Kegelrobben sich an das Becken gewöhnt hatten, bestückten die Forscher in einem ersten Versuchsdurchgang eine der Boxen mit einem Fisch, der einen akustischen Marker trug, eine weitere Box enthielt einen Fisch ohne Marker. Die restlichen Boxen blieben leer. Die Robben wurden jeweils einzeln in das Becken gelassen und die Forscher erfassten, wie viele Versuche und wie viel Zeit die Robbe benötigte, um die Fische zu finden. Jede Robbe machte diesen Test 20 Mal. In einem zweiten Durchgang gaben die Forscher in jede Box einen Fisch, aber nur ein Fisch mit einem akustischen Marker war für die Robben mit der Schnauze erreichbar.  Auch diese Anordnung durchlief jede Robbe 20 Mal.

Ultraschall-Ping als Essensglocke

Die Hypothese der Forscher: Wenn die Robbe im Laufe der Versuche lernt, das akustische Signal zum Finden der Beute zu nutzen, dann müsste ihr dies immer schneller gelingen. Zudem sollte sie dann die markierten Fische schneller aufspüren als die unmarkierten. Und genau dies ließ sich im Experiment beobachten: Mit jedem Versuch gelang es den Kegelrobben besser, den für sie erreichbaren Fisch zu finden, wie die Forscher berichten. Sowohl die benötigte Zeit als auch die Zahl der vorher umsonst besuchten Boxen reduzierte sich signifikant. “Das zeigt, dass die Robben gelernt haben, den akustischen Marker als Hilfe bei der Futtersuche zu nutzen”, sagen Stansbury und ihre Kollegen. Für die Meeressäuger seien die Ultraschall-Pings der Marker quasi die “Essensglocke”, die sie zu Tisch rufe.

Nach Ansicht der Forscher demonstriert dieses Experiment, dass viele Meerestiere die akustischen Signale solcher Marker nicht nur hören, sondern sie auch nutzen und ihr Verhalten ändern. Das aber könnte erhebliche Auswirkungen auf die Meeresökologie haben. “Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die akustischen Marker schwerwiegende Effekte auf die Fitness der markierten Individuen haben”, so die Wissenschaftler. Es macht sie für Feinde, Konkurrenten und auch ihre potenzielle Beute leichter auffindbar. Im Experiment hatten die Robben zudem den Zusammenhang zwischen Ultraschall-Signal und Beute so gut gelernt, dass sie selbst bei fischlosem Becken immer wieder gezielt bei der Box vorbeischauten, die einen akustischen Marker enthielt. “Solche Veränderungen im Suchverhalten können tiefgreifende Folgen für ein Ökosystem haben”, erklären Stansbury und ihre Kollegen. Gleichzeitig verfälschen diese Effekte auch die Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien beispielsweise zum Überleben von Fischen. Es sei daher enorm wichtig, bei solchen Studien oder anderen Anwendungen der akustischen Marker die Hörfähigkeiten aller Tiere in der Meeresumwelt zu berücksichtigen – nicht nur die des Signalträgers.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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