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Kein Gehör für Krach

Erde|Umwelt

Kein Gehör für Krach
Ihr schlechtes Gehör ist für Blindmäuse eher ein Vorteil als ein Nachteil, glauben Essener Wissenschaftler: Einige Bereiche der unterirdischen Gänge, in denen die kleinen Nager zuhause sind, wirken nämlich wie ein Stethoskop und verstärken Geräusche bestimmter Frequenzen. Dadurch entsteht eine unerwartet starke Lärmbelastung, die Tiere mit einem besseren Hörvermögen auf Dauer belasten würde. Demnach ging die Hörfähigkeit der Blindmäuse wohl nicht wie bislang angenommen im Lauf ihrer Entwicklung verloren, weil sie nicht gebraucht wurde. Vielmehr scheint es sich bei dem schlechten Gehör um eine gezielte Anpassung an den lauten Lebensraum zu handeln, berichten Simone Lange von der Universität Duisburg-Essen und ihre Kollegen.

Um die akustischen Eigenschaften verschiedener Blindmausbauten zu testen, bohrten die Biologen jeweils zwei Löcher im Abstand von einem bis drei Metern in acht unterschiedlich große Tunnel. In das erste Loch steckten sie einen Lautsprecher, in das zweite ein Mikrophon mit angeschlossenem Aufnahmegerät. Anschließend spielten sie Töne mit Frequenzen zwischen 100 und 3.200 Hertz ab und berechneten dann die Lautstärke der verschiedenen Geräusche, um Dämpf- oder Verstärkungseffekten auf die Spur zu kommen.

Die meisten Töne kamen verglichen mit überirdischen Messungen nur sehr gedämpft beim Mikrophon an, zeigte die Auswertung. Das galt jedoch nicht für Frequenzen von 200, 400 und in einem Fall auch von 800 Hertz: Diese Töne wurden verstärkt, wobei einige ihre Lautstärke auf einer Strecke von nur einem Meter sogar verdoppelten.

Dieser unerwartete Stethoskopeffekt stellt die Bewohner der Tunnel vor ein gewisses Dilemma, so die Forscher. Einerseits müssen sie ihr Gehör und auch ihre Lautäußerungen an den Frequenzbereich anpassen, in dem die Geräusche am besten weitergegeben werden. Andererseits werden aber genau in diesem Bereich unerwünschte Umweltgeräusche verstärkt, so dass ein ziemlicher Lärm herrscht.

Doch anscheinend haben die Blindmäuse im Lauf ihrer Evolution eine Lösung für dieses Problem gefunden: Sie hören zwar tatsächlich Töne mit einer Frequenz von 440 Hertz am besten, doch selbst in diesem Bereich ist ihr Gehör nur wenig empfindlich, so dass die meisten Geräusche nur gedämpft wahrgenommen werden. Dass es sich dabei wirklich um eine gezielte Anpassung an eine Umgebung mit ganz bestimmten Eigenschaften handelt, zeige auch der Aufbau des Mittelohrs bei den Nagern, so die Forscher: Darin gebe es keinesfalls verkümmerte Teile, vielmehr habe sich die heutige Form erst durch einen schrittweisen Umbau der Struktur herausgebildet.

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Simone Lange (Universität Duisburg-Essen) et al.: Naturwissenschaften, Bd. 94, S. 134 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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