Autistische Kinder haben Schwierigkeiten, systematisch nach etwas Bestimmtem zu suchen. Das hat ein britisches Forscherteam durch Experimente herausgefunden. Kinder mit autistischen Entwicklungsstörungen gehen demnach bei ihrer Suche deutlich unsystematischer vor als gesunde Kinder, legen längere Wege zurück und brauchen entsprechend mehr Zeit, um etwas zu finden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieses Verhalten ihre Unabhängigkeit stark beeinträchtigt und sie auch als Erwachsene Probleme haben werden, etwa die Karotten im Supermarkt zu finden. Über ihre Studie berichten die Wissenschaftler um Elizabeth Pellicano vom Centre for Research in Autism and Education in London.
An der Studie nahmen 20 gesunde Kinder zwischen 8 und 14 Jahren teil sowie 20 autistische Kinder derselben Alterstufe. Die Autisten, darunter sechs Kinder mit Asperger-Syndrom, waren jedoch in Bezug auf ihre verbalen Fähigkeiten und dem Verständnis für Aufgabenstellungen auf demselben Stand wie ihre gesunden Altersgenossen. Für den Versuch hatten die Wissenschaftler in einem abgedunkelten Raum insgesamt 49 kleine Lampen in den Boden eingelassen, die entweder grün oder rot aufleuchten konnten. Ein Gegenstand war hinter einer der grün erleuchteten Lampen versteckt. Die Kinder sollten durch Drücken eines Knopfes an der Lampe ihre Vermutung signalisieren, dass sich hinter dem Licht der Gegenstand verbirgt. Erwischten sie die richtige Lampe, schaltete das Licht von Grün auf Rot – und der Testdurchlauf war beendet. Drückten sie die falsche Lampe, mussten sie unter den verbliebenen grünen Lichtern weitersuchen. Der Test war so konzipiert, dass sich der Gegenstand in 80 Prozent der insgesamt 40 Durchläufe nur auf einer der Seiten des Raumes befand.
Die Forscher erfassten während der Tests die Wege der einzelnen Kinder bei ihrer Suche. Dabei beobachteten sie, dass die autistischen Kinder den statistischen Zusammenhang nicht erkannten und zudem wesentlich chaotischer suchten – obwohl viele Autisten eine besondere Vorliebe für Muster und Regelmäßigkeiten haben. Die gesunden Kinder suchten verhältnismäßig systematisch und peilten schon nach wenigen Durchläufen eine Lampe auf der Seite des Raumes an, auf der sich der Gegenstand mir größerer Wahrscheinlichkeit befand. Die Autisten liefen hingegen oft im Zickzack und brauchten entsprechend länger, um die gesuchte Lampe zu entdecken. Die Studie legt nahe, dass autistische Kinder Schwierigkeiten haben, im Alltagsleben systematisch nach etwas Bestimmtem zu suchen, schließen die Wissenschaftler. Vermutlich schränke dies ihre Unabhängigkeit auch im Erwachsenenalter deutlich ein.
Elizabeth Pellicano (Centre for Research in Autism and Education in London) et al.: PNAS, Bd. 107, Nr. 51 dadp/wissenschaft.de ? Peggy Freede