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Korallen-Symbiose: „Xenia“ offenbart Geheimnisse

Erde|Umwelt

Korallen-Symbiose: „Xenia“ offenbart Geheimnisse
An der Weichkoralle Xenia haben Forscher die Zellen identifiziert, welche die Algen aufnehmen, mit denen das Nesseltier eine symbiotische Beziehung eingeht. Zudem konnten sie Gene aufzeigen, die für diesen Prozess ermöglichen. (Bild: Carnegie-Embryologie)

Ohne ihre Freunde sind sie verloren: Wenn Korallen ihre Algen-Partner verlieren, kommt es zur gefürchteten Bleiche, die im Zuge des Klimawandels zunehmend die Riffe bedroht. Nun verkünden Forscher einen Durchbruch bei der Erforschung der Korallen-Symbiose: Durch Untersuchungen an der neuen Modell-Koralle „Xenia“ haben sie Einblicke in die Mechanismen und Gene gewonnen, die es den Nesseltieren ermöglichen, ihre Algen-Partner in sich aufzunehmen. Die Ergebnisse und die weitere Forschung an der Modell-Koralle könnten somit Ansatzpunkte für den Kampf gegen die verheerende Bleiche liefern, sagen die Forscher.

Sie sind die üppigsten Lebensräume der Erde: Die Korallengärten der tropischen Gewässer sind faszinierende Naturwunder und Schlüsselelemente in den komplexen Lebensgemeinschaften der Ozeane. Damit haben sie letztlich auch eine große Bedeutung für uns Menschen. Zu verdanken haben wir die Unterwasserwelten winzigen Baumeistern: Die Kalkgerüste sind das Werk von Nesseltieren. Die Korallenpolypen fangen mit ihren feinen Ärmchen Plankton aus dem Wasser ein – ihre Ernährung basiert aber auch auf einer sogenannten Endosymbiose: In bestimmten Zellen der Polypen leben einzellige Algen. Sie gewinnen dort aus Sonnenlicht Energie und bauen Kohlenstoffverbindungen auf, von denen sie ihren Wirten einen Großteil abgeben. Im Gegenzug bekommen die Algen von den Polypen Schutz und Nährstoffe, die sie zum Leben brauchen.

Doch die Partnerschaft ist empfindlich, wie Untersuchungen bereits gezeigt haben: In der sogenannten Korallenbleiche spiegelt sich die Zerstörung der Symbiose wider. Wenn die Algen durch zu hohe Wassertemperaturen oder andere Stressfaktoren beeinträchtigt werden, verlassen sie die Korallenpolypen. Dadurch werden diese blass und sterben schließlich ab. Wie ein Gespenst geht die Korallenbleiche nun immer häufiger in den Korallengärten der Welt um. Als Hauptursache gelten die steigenden Wassertemperaturen im Zuge der globalen Erwärmung. Doch viele Aspekte der Bleiche und der Korallen-Symbiose sind noch immer unklar. „Wenn wir den Korallen helfen wollen, müssen wir die grundlegenden Mechanismen verstehen“, sagt Minjie Hu von der Carnegie Institution for Science in Baltimore.

Eine Modell-Koralle für die Forschung

Um die zellulären und molekularen Grundlagen der Korallen-Endosymbiose und möglicherweise auch der Korallenbleiche aufzuklären, präsentieren Hu und seine Kollegen nun die Xenia-Koralle als Modellsystem. Es handelt sich um eine schnell wachsende Weichkoralle, die in endosymbiotischer Beziehung zu Algen aus der Familie der Symbiodiniaceae lebt. Im Rahmen ihrer Studie präsentieren die Wissenschaftler die 24.000 Gene umfassende Genomsequenz von Xenia, die als Grundlage zur Erforschung von Erbanlagen der Koralle dienen kann, die für die Ausbildung der Symbiose wichtig sind. Dieser Ansatz soll die Möglichkeiten der Genomik und der Bioinformatik für die Erforschung der Korallenbiologie nutzbar machen, erklären die Wissenschaftler.

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Wie sie berichten, hat ihnen Xenia bereits bahnbrechende Einblicke in die Symbiose ermöglicht: „Seit Jahren versuchen Forscher, den Mechanismus zu bestimmen, durch den der Korallenwirt in der Lage ist, kompatible Algen zu erkennen und sie dann in einem symbiotischen Ablauf aufzunehmen und zu erhalten“, erklärt Co-Autor Yixian Zheng. Nun haben die Forscher durch die Anwendung verschiedener genomischer, bioinformatischer und entwicklungsbiologischer Verfahren den Zelltyp in den Korallenpolypen identifiziert, der für den Aufbau der symbiotischen Beziehung zuständig ist.

Bahnbrechende Einblicke

Sie konnten zudem zeigen, dass in diesen Zellen bestimmte Gene aktiv sind, die offenbar den freundlichen Erstkontakt ermöglichen, zu einer Einladung der Algen in ein spezialisiertes Kompartiment führen sowie verhindern, dass sie vom Immunsystem des Polypen als Eindringling angegriffen werden. Darüber hinaus definierten die Forscher verschiedene Stadien der Symbiose, die vom Einzug über die voll etablierte Partnerschaft bis zum Verlassen der Algen aus den Zellen reichen.

Als Nächstes will das Team nun genauer der Frage nachgehen, welche Gene in jedem Symbiose-Stadien aktiv werden und wie Stressfaktoren – etwa zu hohe Wassertemperaturen – diese Prozesse beeinflussen. Da sich Korallen nach einem Bleichvorgang auch manchmal erholen können, wollen die Forscher zudem aufklären, welches Stadium für diesen günstigen Effekt am wichtigsten ist.

„Die Entwicklung einer laborfreundlichen Modell-Koralle, die sich für molekulare und zelluläre Experimente eignet, ist von großer Bedeutung“, schreibt Alejandro Sánchez Alvarado vom Howard Hughes Medical Institute in Kansas City in einem begleitenden Artikel zur Studie. „Die Arbeit von Hu und seinen Kollegen öffnet die Tür zur Möglichkeit, die Prinzipien der Korallen-Symbiose zu erfassen. Die Einblicke könnten nicht nur unser Verständnis dieser Gemeinschaft verbessern, sondern auch zur Entwicklung möglicher Lösungen für eines der Hauptprobleme der Gesundheit unseres Planeten beitragen“, so Sánchez Alvarado.

Quelle: Carnegie Institution for Science, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-020-2385-7

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