Im afrikanischen Mali wurden rituelle Skulpturen häufig mit einem Überzug aus Blut verziert, haben französische Forscher mit Hilfe einer neuartigen Methodenkombination nachgewiesen: Alle sieben untersuchten Tier- und Menschenfiguren aus dem späten 19. Jahrhundert wiesen in ihrer äußersten Beschichtung eindeutige Spuren von Blut auf. Damit sei zum ersten Mal der Nachweis für die bereits mehrfach in der Literatur erwähnte afrikanische Praxis gelungen, Skulpturen mit Blut zu bedecken ? vor allem dann, wenn sie in Ritualen genutzt wurden, in denen Tieropfer dargebracht wurden.
Insgesamt acht hölzerne Artefakte aus Mali untersuchten die Wissenschaftler in ihrer Studie. Fünf davon, darunter zwei Tierfiguren aus Bambus, stammen aus der
Bambara-Kultur und entstanden gegen Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhundert. Bei den anderen drei handelt es sich um von den
Dogon gefertigte Menschendarstellungen, von denen zwei ebenfalls auf das ausgehende 19. Jahrhundert datiert sind. Die dritte ist wesentlich älter und stammt wahrscheinlich aus dem 12. bis 14. Jahrhundert, einer Zeit, in der Mali ein wichtiges Handelszentrum und vor allem wegen seines Reichtums an Gold berühmt war. Bei allen Figuren geht die typische Patina auf ihre Verwendung in religiösen oder rituellen Zeremonien zurück, bei denen meist verschiedene Substanzen auf die Kultgegenstände gestrichen wurden.
Um zu testen, ob unter diesen Substanzen auch Blut war, kratzten die Forscher von jeder Skulptur eine winzige Probe ab und gossen diese in ein Kunstharz. Die Untersuchung selbst bestand aus drei Stufen. Zuerst suchten die Analytiker nach einer Eiweißschicht, da Blut größtenteils aus Proteinen besteht. Wurden sie fündig, testeten sie die Proben auf die Anwesenheit von Häm, einem Molekül, das den Kern des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin ausmacht. War diese Substanz nicht nachweisbar, konnte das entweder bedeuten, dass die Proteine nicht aus Blut stammten oder dass sich das Häm bereits zersetzt hatte. In diesem Fall suchten die Forscher zusätzlich nach Spuren von Eisen, einem der wichtigsten Bestandteile von Häm, und analysierten zudem, ob das Eisen dort vorkam, wo auch die Proteine zu finden waren.
Durch diese schrittweise Analyse fanden die Forscher bei den sieben jüngeren Figuren eindeutige Hinweise auf die Verwendung von Blut. In der alten Figur gelang der Nachweis allerdings nicht: Das Eisen, das sie dort fanden, stammt wohl aus Ton oder anderen Mineralien, wobei jedoch offen bleibt, ob die Patina tatsächlich kein Blut enthielt oder ob sich dessen Bestandteile bereits zu stark zersetzt haben. Da die entnommenen Proben bei der Untersuchung nicht beschädigt wurden, kann diese Frage möglicherweise bei weiteren Analysen beantwortet werden.
Vincent Mazel (Nationales Zentrum für Wissenschaftliche Forschung in Paris) et al.: Analytical Chemistry, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1021/ac070993k ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel