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Kurios: Stadtfrösche singen sexy

Erde|Umwelt

Kurios: Stadtfrösche singen sexy
Bizarre Sänger: Tungara-Frösche klingen fast wie Flipperautomaten. (Foto: Adam Dunn)

So klingt ein Tungara-Frosch.

Das Leben in der Stadt verändert nicht nur Menschen, belegt eine Studie: Männchen einer amerikanischen Froschart betören ihre Damen im urbanen Milieu offenbar durch mehr Sangeskunst als auf dem Land. Sie verzieren ihre Rufe dort durch ein Extra-Tremolo, das Experimenten zufolge besonders attraktiv auf die Weibchen wirkt. Die Forscher konnten zudem dokumentieren, was hinter dem urbanen Effekt steckt: Die Froschmännchen können sich in der Stadt den anziehenden Ruf schlicht eher leisten, weil es dort vergleichsweise wenige Feinde gibt.

Beeindruckendes Aussehen, elegante Balzbewegungen aber auch attraktive Töne gehören zu den Mitteln, mit denen die Männchen vieler Tierarten um die Gunst ihrer Weibchen kämpfen. Der in Mittel- und Südamerika beheimatete Tungara-Frosch versucht sich in diesem Zusammenhang durch einen Ruf Gehör bei den Damen zu verschaffen, der wie ein synthetischer Alarmton klingt. Dieser „Tungara-Sound“ ist in Zentralamerika vielerorts zu hören, denn die kleinen Amphibien leben dort nicht nur in den Wäldern, sie haben sich sogar Lebensräume im Schatten der städtischen Wolkenkratzer erobert – so auch im Raum von Panama-City.

Ein lautes Fröschchen im Fokus

Ein internationales Forscherteam ist nun der Frage nachgegangen, inwieweit das Stadtleben die prominenten Tungara-Frösche prägt. Im Fokus stand dabei, ob sich ihre Lautkommunikation verändert hat. Es handelt sich damit um einen Beitrag zu einem momentan wichtigen Forschungsfeld in der Biologie, das vor dem Hintergrund der zunehmenden Verstädterung unserer Welt entstanden ist: Einige Forschergruppen untersuchen, wie die besonderen Licht- und Geräuschverhältnisse und die vielen weiteren veränderten Lebensumstände sich auf Tiere in Stadtstrukturen auswirken.

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Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher zunächst den Tungara-Fröschen in der Stadt sowie im Wald genau zugehört und die aufgezeichneten Tonstrukturen miteinander verglichen. So zeigte sich: In der Stadt klingen die kleinen Lurche anders als auf dem Land. Es handelt sich dabei nicht etwa um einen subtilen, sondern um einen deutlich hörbaren Unterschied: In der urbanen Kulisse erweitern die Tiere ihren Ruf um ein auffälliges Tremolo, berichten die Forscher. So drängte sich geradezu die nächste Frage auf: Wie empfinden die Froschweibchen diese akustische Ausschmückung?

Urbaner Sex-Appeal

Um dieser Frage nachzugehen, setzten die Forscher die Amphbiendamen in einen Versuchsraum mit zwei verschiedenen Lautsprechern. Aus dem einen ertönte der Ruf eines Wald-Männchens und aus dem anderen der Laut eines Stadtfrosches. Ergebnis: Die Froschdamen im Test hopsten in den meisten Fällen schnurstracks zu dem Lautsprecher, aus dem der Ruf des Stadtfroschs ertönte. Mit anderen Worten: Der urbane Gesangsstil wirkte auf die Weibchen offenbar besonders anziehend.

Doch warum singen die Waldfrösche vergleichsweise unsexy? Auch dafür präsentieren die Forscher eine Erklärung. Nicht nur die weiblichen Frösche werden von den Liebesliedern der männlichen Tungaras angelockt: Räuberische Fledermäuse und blutsaugende Fliegen nutzen die Töne, um ihre Opfer zu lokalisieren. Das bedeutet: Je auffälliger ein Froschmännchen ruft, desto hoher ist sein Risiko, gefressen zu werden. Wie die Forscher erklären, können die Tiere in der Stadt in diesem Zusammenhang mehr wagen. Denn wie die Untersuchungen zeigten, gibt es dort vergleichsweise wenige Fressfeinde der Frösche. Dies hat den Spielraum zur Entwicklung des zusätzlichen Tremolos ermöglicht, so die Erklärung.

Um die Studie abzurunden, haben die Forscher zu guter Letzt untersucht, was passiert, wenn man Stadtfrösche in einen Waldlebensraum und Waldfrösche in ein urbanes Milieu versetzen. Es stellte sich heraus, dass die Stadtfrösche in der Lage waren, die Komplexität ihrer Rufe in der neuen Umgebung schnell dem sicheren Niveau anzupassen. Offenbar besitzen sie ein Gefühl für die gefährlichere Lage. Die Waldfrösche wechselten hingegen nicht spontan zum urbanen sexy Sound, um den Stadtvorteil auszunutzen und mehr Weibchen anlocken zu können. Offenbar handelt es sich bei dem Stadt-Tremolo um eine Anpassung, die eine gewisse Entwicklungsphase benötigt, sagen die Wissenschaftler.

Abschließend kommentiert Co-Autorin Rachel Page vom Smithsonian Tropical Research Institute in Balboa das Ergebnis der Studie mit der Bemerkung: „So wie wir Menschen in Städten unser Verhalten ändern, passen sich offenbar auch manche Tiere an das radikal veränderte Umfeld an, das wir zunehmend auf der ganzen Welt erschaffen“.

Quelle: Smithsonian Tropical Research Institute, Nature Ecology & Evolution, doi: 10.1038/s41559-018-0751-8

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