Das Ohr kann die Hörempfindlichkeit herabsetzen und sich dadurch vor Lärm schützen. Das schließen Wissenschaftler aus Versuchen mit Mäusen, bei denen der Mechanismus erfolgreich gegen dauerhafte Hörschäden schützte. Bisher war nicht genau bekannt, warum das Ohr seine Empfindlichkeit herabsetzen kann. Möglicherweise könnten mit diesem Prinzip einmal Medikamente entwickelt werden, die auf Baustellen oder Konzerten vor Lärm schützen, sagen die Forscher.
Ausgelöst wird der Schutzmechanismus von Signalen von Nervenzellen im Gehirn. Ein Protein namens nAChR empfängt diese Signale und bremst die Aktivität der
Haarzellen im Innenohr. Diese Haarzellen sind die akustische Schnittstelle des Ohrs: Sie wandeln Schallwellen in elektrische Impulse um, die über Nervenbahnen zum Gehirn laufen. Sind sie weniger aktiv, hört das Ohr weniger.
Die Forscher verwendeten für ihr Experiment Mäuse, deren nAChR-Protein genetisch verändert worden war. Es drosselte die Haarzellen dauerhaft, auch ohne Befehl vom Gehirn. Wie erwartet hörten diese Mäuse im Vergleich zu normalen Artgenossen deutlich schlechter. Die Forscher beschallten die Mäuse mit 100 Dezibel, soviel wie in Diskos aus den Boxen dröhnt. Dadurch wurde das Gehör der Tiere dauerhaft beschädigt, jedoch weniger stark als bei Mäusen ohne die Genveränderung. Der Mechanismus ist relativ simpel, daher bestehe eine reale Chance, in Zukunft Medikamente zu finden, die Hörschäden entgegenwirken können, sagen die Forscher.
Paul Fuchs (Johns-Hopkins-Universität, Baltimore) et al.: PLoS Biology, Bd. 7, Nr. 1, Artikel e1000018 ddp/wissenschaft.de ? Martin Rötzschke