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Leben ohne Vergangenheit und Zukunft

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Leben ohne Vergangenheit und Zukunft
Menschen mit Amnesie haben nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit verloren, sie können sich häufig auch keine zukünftigen Ereignisse vorstellen. Das haben britische Wissenschaftler durch Tests mit Amnesie-Patienten herausgefunden, bei denen die Fähigkeit, sich ein bestimmtes neues Ereignis auszumalen, stark beeinträchtigt war. Einen Grund dafür glauben die Forscher auch schon gefunden zu haben: Die Patienten konnten sich kein einheitliches Gesamtbild konstruieren, sondern sahen nur einzelne, zusammenhanglose Bilder vor ihrem inneren Auge.

Die Wissenschaftler untersuchten fünf Patienten, die durch eine Beschädigung des Hippocampus, einer für das Lernen und das Gedächtnis wichtigen Gehirnregion, unter Gedächtnisschwund litten. Diesen und zehn gesunden Probanden skizzierten sie eine bestimmte alltägliche Situation, wie einen Tag am Strand, einen Museumsbesuch oder einen Waldspaziergang, und baten sie daraufhin, sich dieses Ereignis möglichst detailliert und lebhaft vorzustellen. Zusätzlich sollten sich die Probanden ein Ereignis in der Zukunft ausmalen, zum Beispiel den nächsten Geburtstag.

Um auszuschließen, dass die Testteilnehmer die Bilder nicht mit Szenen aus ihrer Erinnerung konstruierten, forderten die Forscher sie dazu auf, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen und sich etwas vollkommen Neues auszudenken. Das Produkt ihrer Einbildung sollten die Probanden dann in allen Einzelheiten, einschließlich der erlebten Sinneseindrücke, beschreiben. Die Forscher bewerteten die Qualität der Bilder anhand verschiedener Kriterien wie dem Inhalt, der Selbstbeurteilung durch die Testteilnehmer, dem räumlichen Zusammenhang und der Lebhaftigkeit der Darstellung.

In allen Kategorien schnitten die Patienten mit Amnesie deutlich schlechter ab als Menschen ohne Gedächtnisstörung, zeigte die Auswertung. Sie erzählten von weniger Details, sahen sich seltener in einer bestimmten Position und beschrieben weniger Sinneseindrücke. Eine mögliche Ursache fanden die Forscher in dem Unvermögen der Amnesie-Patienten, die Ereignisse in einem zusammenhängenden Szenario zu sehen, sondern nur in einer Sammlung getrennter Bilder.

Die Wissenschaftler glauben einen gemeinsamen Mechanismus gefunden zu haben, der sowohl dem Wiederaufrufen von Erinnerungen als auch der Vorstellung von eingebildeten und zukünftigen Ereignissen zugrundeliegt. Dabei liefert der Hippocampus die Kulisse, in die die Details eingebunden sind. “Menschen mit Amnesie sind also gezwungen, in der Gegenwart zu leben”, folgern die Forscher.

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Demis Hassabis (University College, London) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073 pnas.0610561104 ddp/wissenschaft.de ? Annette Schneider
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