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Linksrüssler, Rechtsrüssler?

Evolution

Linksrüssler, Rechtsrüssler?
Lange hatten Wissenschaftler angenommen, dass nur Tiere mit zwei Beinen, Armen oder Flügeln eine Seitenpräferenz zeigen. Neue Forschungen zeigen ein differenzierteres Bild. Von der natur-Redaktion

Die meisten Menschen haben eine dominante Hand – rechts oder links. Dieses Phänomen, die Händigkeit, gibt es auch im Tierreich. Dominante Pfoten, Hufe, Augen, Rüssel, Schnäbel sind aber keine Laune der Natur, sondern sichern das Überleben. Die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung schreibt mit der rechten Hand. Gerade einmal zehn bis fünfzehn Prozent aller Menschen sind Linkshänder. Warum das so ist, konnte bis heute nicht genau geklärt werden. Vermutlich liegen die Ursachen in unseren Genen – archäologische Funde zeigen, dass bereits die Neandertaler überwiegend Rechtshänder waren.

Auch einige Tiere haben eine bevorzugte Seite. Es gibt Links- und Rechtschnäbler, -treter, -äuger und -rüssler. Wie bei uns Menschen dominiert bei tierischen Linkshändern die rechte Gehirnhälfte die Motorik, bei Rechtshändern die linke. Aber: Bei Tieren ist die Händigkeit ausgeglichener verteilt. Es gibt hier keineswegs mehr Rechts- als Linkshänder.

Selbst unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen, unterscheiden sich von uns Menschen in unserer Motorik. So haben Forscher in Tansania festgestellt, dass die Mehrzahl von Schimpansen linkshändig ist. Ein Team von Biologen beobachtete die Tiere vier Jahre lang beim Termitenangeln. Da die Schimpansen mit ihren Händen keine der Riesenameisen aus ihrem Bau herausklauben können, angeln sie mit Hilfe eines Stocks nach ihnen. Den Stock halten sie dabei in der linken Hand. Die Forscher beobachteten, dass den Händen anscheinend klare Rollen zukommen. So wird vermutlich die linke Hand für die feinmotorische und die rechte für grobe Arbeiten benutzt.

In Zoos dagegen legen Schimpansen ein völlig anderes Verhalten an den Tag. Viele dieser Menschenaffen in Gefangenschaft sind Rechtshänder. Forscher nehmen an, dass dies kein normales Verhalten ist. Sie argumentierten, die Tiere hätten sich diese Vorliebe vermutlich von ihren meist rechtshändigen Pflegern abgeschaut. Affen und andere Gruppentiere orientieren sich bei Verhaltensweisen sehr stark am Vorbild der Leittiere oder in diesem Fall des Pflegers.

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Lange hatten Wissenschaftler angenommen, dass nur Tiere mit zwei Beinen, Armen oder Flügeln eine Seitenpräferenz zeigen. Eine Biologin konnte jedoch beweisen, dass Elefanten zwar keine Rechts- oder Linksfüßer, wohl aber Rechts- oder Linksrüssler sind. Ihren Untersuchungen zufolge benutzen die Tiere ihren Rüssel nicht etwa beliebig – beim Grasen oder Greifen drehen sie ihn entweder nach rechts oder links ein.

Je nach Beschäftigung ist die Seitenvorliebe der Tiere unterschiedlich ausgeprägt. Will ein Elefant beispielsweise einen Gegenstand heranholen, ist es ihm gleich, ob er dabei den Rüssel nach links oder nach rechts einrollt. Geht es aber ums Ausreißen von Grasbüscheln, zeigt sich deutlich eine Seitenpräferenz. Denn: Diese Präzisionsarbeit verlangt besondere Konzentration. Die Forscher beobachteten, dass Elefanten, die ihren Rüssel beim Grasen immer in dieselbe Richtung einrollen, viel schneller Grasbüschel rupfen können als beidseitig begabte Artgenossen. Bei den einseitig grasenden Tieren findet die Bewegungskoordination des Rüssels in der gleichen Gehirnhälfte statt, so dass das Gehirn sich an die Aufgabe gewöhnt. Beidseitig grasende Elefanten hingegen wechseln ständig ihre aktive Hirnhälfte und können deswegen den Bewegungsablauf nicht perfektionieren – ein Nachteil in der Evolution.

Auch unter Huftieren gibt es sowohl Links- als auch Rechtstreter. Pferde mit einem Haarwirbel im Uhrzeigersinn traben lieber rechtsherum, haben irische Forscher herausgefunden. Tatsächlich sollen die Gesichter der Tiere, speziell der Haarwirbel oberhalb der Augen, die Linkshänder verraten: Dreht sich der Haarwirbel auf der Stirn gegen den Uhrzeigersinn, dann bevorzugt das Pferd mit großer Wahrscheinlichkeit die linke Seite. Diese Theorie traf bei der Untersuchung nicht auf alle Pferde zu, doch immerhin auf 75 Prozent der linkshändigen und auf 67 Prozent der rechtshändigen Pferde.

Die Forscher vermuten, dass die bevorzugte Seite und das Haarmuster die asymmetrische Entwicklung des Gehirns widerspiegeln. Beide Gegebenheiten sollen demnach von denselben Genen kontrolliert werden. Bei Pferden bestimmt die Links- oder Rechtshändigkeit, mit welchem Huf sie lostraben und ob sie Hindernisse auf einer bevorzugten Seite umgehen. Für Trainer von Renn- und Dressurtieren ist dieses Forschungsergebnis hilfreich. So können sie erkennen, welches Pferd etwa mit starken Linkskurven Probleme haben könnte und welche Muskeln gezielt trainiert werden müssen. Bisher versuchten viele Trainer, den Tieren eine Seitenpräferenz abzugewöhnen. Allerdings liefen die Reittiere auf der antrainierten Seite nie so sicher wie auf der ursprünglichen.

Papageien wiederum können ihre Füße mit je vier Zehen wie Hände benutzen, denn zwei der Zehen zeigen nach vorne und zwei nach hinten. Damit können die Vögel geschickt nach Früchten greifen, sie bearbeiten und fast überall hochklettern. Da beide Füße zum Greifen und Klettern benutzt werden können, steht es den Vögeln frei zu entscheiden, welches sie als Stand- und welches sie als Greifbein benutzen.

Doch wie bei Elefanten ist es auch für Papageien ein Nachteil, sich nicht festzulegen. Benutzen sie ein Bein nicht konstant, sondern wechseln ständig, trainieren sie beide Gehirnhälften je nur ein wenig. Wenn sie jedoch eine Seite bevorzugen, können sie die Geschicklichkeit des Beins optimieren. Forscher testeten Papageien deshalb auf ihre Geschicklichkeit. Dazu platzierten sie Futter an Stellen mit unterschiedlichen Erreichbarkeitsgraden. Die Tiere mit einer Seitenpräferenz schnitten dabei am besten ab. Sie ergatterten ohne Probleme Futter, das für andere Artgenossen unerreichbar blieb.

Dies zeigt: Die Händigkeit ist keine Laune der Natur, sondern ein nützliches Erzeugnis der Evolution. Denn eine Lieblingsseite, egal ob rechts oder links, kann entscheidend für den täglichen Überlebenskampf sein – wohingegen sich eine Beidhändigkeit meist als Nachteil erweist.

Quelle: Welt der Wunder

Bild: fotolia

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