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Macht Intelligenz sexy?

Erde|Umwelt

Macht Intelligenz sexy?
Wellensittich-Weibchen "fliegen" offenbar auf clevere Männchen. (Credit: baona/iStock)

Hatte Charles Darwin mit seiner Annahme recht? Der Vater der Evolutionstheorie vermutete, dass die Partnerwahl zur Entwicklung von Intelligenz bei einigen Lebewesen beigetragen hat. Die Ergebnisse einer Verhaltensstudie an Wellensittichen untermauern nun diese Theorie. Demnach „verlieben“ sich die Weibchen dieser intelligenten Vögel geradezu, wenn sie ein Männchen bei cleverem Problemlösungsverhalten beobachten. Die Vogeldamen verlassen dann sogar einen zuvor bevorzugten Partner, wenn sich dieser scheinbar als weniger schlau erwiesen hat.

Sexuelle Selektion heißt das Stichwort: Den Verlauf der Evolution prägte bei einigen Arten nicht nur, wie gut die Tiere an die jeweiligen Anforderungen ihrer Lebensweise angepasst waren, sondern auch die innerartliche Partnerwahl. Diesen Aspekt hat bereits Charles Darwin als einen wichtigen Faktor in der Evolution bestimmter Merkmale bei Tierarten erkannt. In diesem Zusammenhang steht bisher allerdings die Frage im Raum, inwieweit auch die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten bei einigen Lebewesen mit der sexuellen Selektion verknüpft ist. Es erscheint plausibel, dass bei einigen höher entwickelten Tieren eine Art Zucht auf Intelligenz abläuft – besonders clevere Individuen werden möglicherweise als Partner bevorzugt. Einen konkreten Nachweis dieses Aspekts bei der Partnerwahl gab es bisher allerdings nicht.

Partnerspielchen mit Wellensittichen

Um die Annahme Darwins zu überprüfen, hat sich ein internationales Forscherteam um Jiani Chen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking nun Wellensittiche als Versuchstiere herausgesucht. Diese kleinen Vertreter der Papageienvögel sind für ihre beachtlichen Intelligenzleistungen bekannt: Sie können voneinander lernen, erkennen Zusammenhänge und zeigen cleveres Problemlösungsverhalten. Wie stark diese Fähigkeiten ausgeprägt sind, ist allerdings von Tier zu Tier unterschiedlich. Mit anderen Worten: Es gibt bei den Wellensittichen besonders schlaue Kerlchen aber auch vergleichsweise schlicht begabte Individuen.

Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher nun untersucht, inwieweit dieser individuelle Grad der Intelligenz eine Rolle bei der Partnerwahl dieser Vögel spielt. Bei den Wellensittichen entscheiden in diesem Zusammenhang die Weibchen: Sie suchen sich aus verschiedenen Kandidaten einen Partner aus, mit dem sie dann eine Paarbindung eingehen. Chen und seine Kollegen sind nun durch raffinierte Experimente der Frage nachgegangen, ob bei der Entscheidung der Weibchen die Beobachtung von Kandidaten eine Rolle spielt. Konkret: Beeinflusst es die Weibchen, wenn sie ein Männchen bei besonders cleverem Verhalten beobachten?

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Scheinbar dümmere Partner werden verlassen

Zunächst vergesellschafteten die Forscher dazu jeweils zwei Männchen mit einem Weibchen, das sich einen der beiden Kandidaten als Partner aussuchen sollte. Nachdem sich die Vogeldamen entschieden hatten, entnahmen die Forscher den verschmähten Vogelmann aus dem Käfig. Dieser bekam dann im Gegensatz zu dem Auserwählten ein Training: Die Forscher brachten diesem Vogelmann bei, wie er einen recht komplizierten Mechanismus öffnen kann, um an Futter zu gelangen: Der Vogel muss dabei zwei Klappen öffnen und eine Schublade herausziehen.

Nach den Trainings folgten die eigentlichen Tests: Die Forscher setzten den jeweils auserwählten Partner der Weibchen und den zuvor verschmähten Vogelmann einzeln in einen Käfig im Sichtfeld der Vogeldame. Beide Männchen hatten dort Zugang zu dem komplizierten Futtermechanismus. Wie zu erwarten war, wusste das untrainierte Männchen nichts mit dem verschachtelten Objekt anzufangen und gelangte nicht an das Futter. Der trainierte „Verlierer“ konnte sich nun hingegen unter den Augen des Weibchens als Schlaukopf präsentieren: Scheinbar spontan löste er souverän die Aufgabe und holte sich im Gegensatz zu seinem Konkurrenten das Futter.

Es bleiben Fragen offen

Nach dieser Show brachten die Forscher die drei Vögel erneut zusammen. Wie die Auswertungen des Verhaltens zeigten, änderten die jeweiligen Vogeldamen nun auffällig häufig ihre Vorliebe: Sie wechselten von dem zunächst auserwählten Partner zu dem scheinbar schlaueren Kandidaten, den sie zu Anfang noch verschmäht hatten. „Unsere Ergebnisse legen somit nahe, dass die direkte Beobachtung von Problemlösungskompetenz die Attraktivität von Männchen erhöhen kann“, resümieren Chen und seine Kollegen.

Damit sehen die Forscher ihre Studie als eine Bestätigung der Annahme Darwins, wonach diese Form der sexuellen Selektion die Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten bei höher entwickelten Tieren geprägt haben könnte. Wie sie selbst erklären, sind allerdings nun weitere Untersuchungen nötig, um das Ergebnis zu bestätigen und zu erforschen, bei welchen Arten der Effekt eine Rolle gespielt haben könnte. In einem Kommentar zur Studie betonen zwei Verhaltensforscher zudem, dass die Ergebnisse noch nicht als gesichert gelten können. Ihnen zufolge ist nicht ganz klar, inwieweit tatsächlich die Wahrnehmung von kognitiver Leistung hinter den beobachteten Vorlieben bei den weiblichen Wellensittichen steckt. Es sei demnach möglich, dass sie den Erfolg des scheinbar schlaueren Vogels eher als ein Zeichen attraktiver Vitalität wahrgenommen haben, geben sie zu bedenken.

Quelle: Science, doi: 10.1126/science.aau8181

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