Auf der Gough-Insel im Atlantik bedrohen angriffslustige Mäuse den Albatros-Bestand. Die Mäuse haben gelernt, die 200-mal so großen Albatros-Küken anzugreifen: Die Mäuserudel beißen so lange auf die gleichen Stellen ein, bis die jungen Vögel verbluten oder an Infektionen sterben. Da die Albatrosse seit Jahrmillionen auf der Insel keine natürlichen Feinde hatten, können sie sich nicht verteidigen.
Biologen waren darauf aufmerksam geworden, dass die Albatrosse (Diomedea dabbenena) auf der zwischen den Südspitzen Afrikas und Südamerikas gelegenen
Gough-Insel häufig ihre Küken verloren. Nur jedes fünfte überlebte. Die Wissenschaftler ahnten bereits, dass Hausmäuse die Übeltäter waren, die einst unbeabsichtigt auf die Insel gebracht worden waren. Daraufhin zog das Forscherpaar Ross Wanless und Andrea Angel für ein Jahr auf die Insel, um die Albatrosse zu beobachten. Dort sammelten die beiden Daten und zeichneten Vogelnester per
Video auf. Die Videos der Nester waren schockierend, berichtet Wanless: Sie zeigten halbtote Küken mit aufklaffenden Wunden und freiliegenden Innereien. Die Mäuse hatten regelrechte Massaker angerichtet.
Die Forscher wählten für ihre Beobachtungen einen zweiten Ort auf der Insel aus, der vergleichbar viele Mäuse und Albatros-Nester beherbergte. Doch dort kam es zu keinerlei blutigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Arten. Das bestärkt die Annahme, dass der Kampfgeist der Mäuse nicht vererbt, sondern erlernt ist und von einer Generation an die nächste weitergegeben wird. Eine derartige Schule ist in der Tierwelt recht selten und wurde bei wild lebenden Mäusen noch nie beobachtet. Nun sehen die Forscher ihre Aufgabe darin, die Insel von den Mäusen zu befreien, um die Albatrosse zu schützen.
Ross Wanless und Andrea Angel (Universität von Kapstadt): Nature, Online-Dienst ( doi 10.1038/news 050718-2)
ddp/wissenschaft.de ? Mareile Müller-Merbach