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Mehr Ertrag mit optimierten Pflanzen-Mündern?

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Mehr Ertrag mit optimierten Pflanzen-Mündern?
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Die Spaltöffnungen von Gräsern (oben) sind Hantel-förmig, die von anderen Pflanzen (unten) nierenförmig. Credit Michael Raissig and Dominique Bergman.
Sie lassen sich öffnen und schließen wie winzige Münder: Über die sogenannten Spaltöffnungen (Stomata) regulieren Pflanzen den für das Wachstum wichtigen Gasaustausch. Forscher haben nun die genetischen Grundlagen eines bekanntermaßen besonders leistungsstarken Atmungssystems untersucht: das der Gräser. Es zeigte sich, dass für deren Stomata-Konzept gar nicht spezielle Erbanlagen verantwortlich sind – das System ist offenbar nur besonders günstig „kombiniert“. Die Einblicke in das Patent der Gräser lassen sich möglicherweise nutzen, um Erträge zu steigern, sagen die Forscher.

Die Bedeutung der Spaltöffnungen für das Pflanzenwachstum ist immens: Über die winzigen Poren gelangt das Kohlendioxid der Luft in das Gewebe, wo es als Ausgangsstoff für die Fotosynthese dient, über die Pflanzen kohlenstoffhaltige Verbindungen bilden. Außerdem reguliert die Pflanze ihren Wasserhaushalt über die Spaltöffnungen: Sind sie geöffnet, wird Wasserdampf abgegeben, was für einen Unterdruck im oberen Pflanzenbereich sorgt, der wiederum das Nachströmen von nährstoffhaltigen Säften aus den Wurzeln ermöglicht. Kommt es hingegen zu einem kritischen Wassermangel, schließen sich die Poren und der Wasserverlust wird eingeschränkt.

Winzige Poren mit globaler Bedeutung

Durch die wichtige Funktion bei den Pflanzen kommt dem Stomata-System letztlich auch globale Bedeutung zu: Mehr als 30 Prozent des gesamten Kohlendioxids in der Atmosphäre durchläuft jedes Jahr Stomata, betonen die Forscher um Dominique Bergmann von der Stanford University. Ähnlich groß ist die Bedeutung beim Wasser: Die Spaltöffnungen setzten jährlich zweimal so viel Wasserdampf frei, wie sich momentan in der Atmosphäre befindet.

Das grundlegende Funktionsprinzip der Stomata ist bei allen Pflanzen gleich: Zwei Zellen bilden zwischen sich einen Spalt, der geöffnet oder geschlossen werden kann. Es gibt allerdings unterschiedliche Ausführungen: Bei den meisten Pflanzen sind die Schließzellen nierenförmig. Bei den Gräsern, zu denen auch viele Kulturpflanzen wie Reis, Mais und Weizen gehören, sind sie hingegen wie Hanteln geformt. Außerdem sind die Spaltöffnungen in Reihen an den Halmen angeordnet – im Gegensatz dazu sind sie bei anderen Pflanzen eher zufällig auf der Blattfläche verteilt. Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass das System der Gräser besonders effektiv für die Aufnahme von Kohlendioxid ist, bei gleichzeitiger Vermeidung von zu hohen Wasserverlusten. Man vermutet, dass es sich dabei um eines der evolutionären Erfolgsgeheimnisse der Familie der Gräser handelt.

Erbanlagen raffiniert umgesetzt

Das meiste, was man bisher über die genetischen Grundlagen des Stomata-Systems wusste, stammt aus Studien an der Modellpflanze Arabidopsis. Bei ihr handelt es sich um eine Verwandte der Kohlgewächse – sie besitzt das Standardsystem der nierenförmigen Stomata. Bergmann und seine Kollegen sind nun erstmals gezielt dem genetischen Konzept hinter der Entwicklung der speziellen Spaltöffnungen der Gräser nachgegangen. Als Modell diente ihnen dazu die Art Brachypodium distachyon.

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Durch gentechnische Nachweisverfahren gewannen sie Einblicke in die Gene und regulatorischen Systeme, die bei den Gräsern für die Anzahl, Verteilung und die Form ihrer Stomata verantwortlich sind. Überraschenderweise stellte sich dabei heraus: Gräser verfügen gar nicht über einzigartige Stomata-Gene – sie verwenden die gleichen Erbanlagen wie andere Pflanzen auch, allerdings in einer veränderten Weise: Die spezielle Kombination der Komponenten führt zu dem besonders leistungsfähigen Atmungssystem der Vertreter der Familie der Gräser, erklären Bergmann und seine Kollegen.

Den Forschern zufolge steckt in dieser Erkenntnis Potenzial für die Pflanzenzucht: „Wir haben nun genetische Faktoren in der Hand, die ein universelles Toolkit für den Aufbau von Stomata repräsentieren“, sagt Bergmann. „Pflanzen nutzen offenbar die gleichen Grundkomponenten, die sie aber unterschiedlich interagieren lassen. Dies ist nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht interessant, man könnte die Ergebnisse auch nutzen, um das Wachstum von Gräsern zu verbessern, die dem Menschen als Nahrung oder Kraftstofflieferanten dienen“, so der Wissenschaftler.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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