„Nachhaltigkeit” – ein inflationär gebrauchtes Wort. Es ist Zeit für eine Neuvermessung des Begriffs, fand der Philologe und Publizist Ulrich Grober. Durchweg fesselnd beleuchtet er die kulturgeschichtliche Dimension des Nachhaltigkeitsgedankens. In seinem historischen Aufriss spannt Grober den Bogen von der griechischen Antike über die europäische Aufklärung bis zum Kopenhagener Klimagipfel 2009.
Der Begriff selbst wurde vor 300 Jahren von deutschen Förstern geprägt. Man wollte dem Wald nicht mehr Holz entnehmen als nachwachsen konnte. Schon 1713 beschrieb Hans Carl von Carlowitz das „Dreieck der Nachhaltigkeit”: ökologisches Gleichgewicht, wirtschaftliche Sicherheit und soziale Gerechtigkeit.
Auch die Nutzung fossiler Brennstoffe sollte anfangs die Wälder schonen. Grober sieht eine aktuelle Parallele: „Heute will man mit der Atomkraft die ‚Energielücke‘ bis zum endgültigen Anbruch des solaren Zeitalters schließen. Doch die Vergangenheit zeigt, dass ‚Brückentechnologien‘ eine eigene ungeheure Dynamik entfesseln können.”
Deutlich wird: Für eine lebenswerte Zukunft jenseits der 1972 formulierten „Grenzen des Wachstums” bedarf es technischer Innovationen und menschlicher „Schwarmintelligenz”. Hierzu liefert Grober kenntnisreiche Details und wertvolle Denkanstöße. Erfrischend ist, dass er dabei ohne die gängige Katastrophenrhetorik auskommt. Unbedingte Leseempfehlung – nachhaltige Wirkung garantiert! Gunnar Henze
Ulrich Grober DIE ENTDECKUNG DER NACHHALTIGKEIT Kunstmann, München 2010 300 S., € 22,– ISBN 978–3–88897–648–3