Frauen mit zyklusabhängigen Beschwerden wie Migräne oder Asthma haben möglicherweise eine Allergie gegen ihre eigenen Hormone. Darauf deuten die Ergebnisse einer Studie amerikanischer Wissenschaftler hin, die im Blut betroffener Frauen deutlich erhöhte Mengen bestimmter Antikörper nachweisen konnten. Die Abwehrproteine, die typisch für allergische Reaktionen sind, waren gegen die beiden Geschlechtshormone Progesteron und Östrogen gerichtet. Sollte sich dieser Verdacht in weiteren Studien bestätigen, könnten sich völlig neue Ansätze für die Behandlung zyklusabhängiger Probleme eröffnen, hoffen die Forscher.
Die Hormonschwankungen während des weiblichen Zyklus beeinflussen bei den meisten Frauen das Wohlbefinden. Die Beschwerden können dabei von Müdigkeit über Stimmungsschwankungen bis hin zu ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen reichen. Besonders typisch sind in diesem Zusammenhang Asthmaanfälle, die kurz vor Beginn der monatlichen Blutung auftreten, sowie Migräneattacken und Gelenkschmerzen während der Menstruation. Um zu untersuchen, wie die Geschlechtshormone diese Symptome verursachen, analysierten Richard Richardson von der
Universität Texas und seine Kollegen Blutproben von insgesamt fast 700 Frauen. Knapp 370 der Probandinnen litten unter zyklusabhängigen Symptomen, die restlichen dienten den Forschern als Kontrollgruppe.
Bei den betroffenen Frauen fanden die Wissenschaftler sehr viel häufiger ungewöhnlich hohe Antikörpermengen gegen Östrogen und Progesteron im Blut als bei den gesunden Probandinnen. Darunter waren sowohl Antikörper vom Typ IgM, die auf eine akute Reaktion des Immunsystems hindeuten, als auch solche vom Typ IgE, die als Hauptverantwortliche für das Auslösen einer allergischen Reaktion gelten.
Bislang hatten Wissenschaftler vermutet, Hormonmoleküle seien zu klein, um vom Immunsystem erkannt zu werden und eine Allergie zu verursachen. Richardson und seine Kollegen vermuten daher, dass die Körperabwehr nicht auf die frei im Blut zirkulierenden Botenstoffe reagiert, sondern sie erst registriert, wenn sie sich an größere Eiweißmoleküle anheften. Sie hoffen, auf der Basis dieser Entdeckungen neue Behandlungsansätze für zyklusabhängige Beschwerden entwickeln zu können. Dabei könnte es sich beispielsweise um eine Variante der Desensibilisierungstherapie handeln, die auch gegen Heuschnupfen oder Hausstaubmilbenallergien eingesetzt wird.
Dick Richardson (Universität Texas) et al.: American Journal of Reproductive Immunology, Bd. 55, S. 307 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel