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Mikroskopische Heiler

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Mikroskopische Heiler
US-Forscher haben einen speziellen Stamm von Milchsäurebakterien erzeugt, der erfolgreich chronisch-entzündliche Darmerkrankungen bekämpfen kann. Sie veränderten das Erbgut des Darmbakteriums Lactobacillus acidophilus, das bereits vielen sogenannten probiotischen Produkten einen positiven Gesundheitseffekt geben soll. Die genetische Modifikation verleiht dem Bakterium jetzt zusätzlich einen beruhigenden Effekt auf das Immunsystem, das bei Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn überreagiert. Diesen Effekt konnten die Wissenschaftler in Versuchen mit Mäusen belegen: Die Symptome von Entzündungen im Darm der Tiere nahmen deutlich ab, wenn sie mit der Nahrung den neuen Bakterienstamm aufnahmen. Mansour Mohamadzadeh von der Northwestern University, The Feinberg School of Medicine in Chicago und seine Kollegen hoffen, dass der neue Stamm der probiotischen Bakterien zukünftig auch Menschen mit chronisch-entzündliche Darmerkrankungen helfen kann.

An einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leiden rund 300.000 Menschen in Deutschland. Zu ihnen gehören Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. In beiden Fällen wendet sich das Immunsystem gegen die eigene Darmflora und -schleimhaut, was zu chronischen und schmerzhaften Entzündungen des Darmtrakts führt. Bisher sind die genauen Ursachen für solche Erkrankungen nicht bekannt. Sicher ist, dass auch die Zusammensetzung der Mikroben im Darm, die natürliche Darmflora, dabei eine wichtige Rolle spielt.

Die Bakterie Lactobacillus acidophilus ist stäbchenförmig und wird zur Herstellung von verschiedenen Sauermilchprodukten verwendet. Sie gilt als so genannte probiotische Bakterie: Im Darm produziert sie für den Menschen wichtige Nährstoffe. Des Weiteren stellt sie unter anderem Milchsäure und Wasserstoffperoxid her und schafft dadurch für unerwünschte Mikroorganismen ungünstige Lebensbedingungen. Allerdings konnten Mohamadzadeh und andere Forscher bereits zeigen, dass Lactobacillus-Arten auch Immunzellen dazu anregen können, entzündliche Stoffe zu produzieren. Dabei verdächtigten sie vor allem eine so genannte Lipoteichonsäure, die in der Zellwand der Bakterien vorkommt. Um dem Verdächtigen auf die Spur zu kommen, konnten die Wissenschaftler ein Gen in der Bakterie ausschalten, das indirekt für die Produktion dieser Säure verantwortlich ist. Die Wirkung dieses neu geschaffenen Bakterienstamms testeten sie nun an Mäusen, bei denen sie unterschiedliche entzündliche Darmerkrankungen erzeugt hatten. Als Vergleich diente den Forschern die herkömmliche, unveränderte Bakterie Lactobacillus acidophilus.

Erkrankte Mäusen, welche die neue Bakterienart schluckten, ging es nach sieben Tagen deutlich besser. Sie litten weniger unter Durchfall und Blutverlust und verloren im Gegensatz zu ihren unbehandelten oder mit der herkömmlichen Bakterie behandelten Kollegen kein Gewicht. Ganz beseitigt werden konnte die Erkrankung bei ihnen jedoch nicht. Viel besser war das Ergebnis jedoch bei Mäusen, welche die neue Bakterienart schluckten, bevor bei ihnen die chronische Darmerkrankung hervorgerufen wurde: Neunzig Prozent der Mäuse blieben gesund.

Die genauen Abläufe hinter diesem Effekt sind noch nicht bekannt. Die Wissenschaftler vermuten aber, dass der neue Bakterienstamm bestimmte Zellen des Immunsystems dazu bringt, statt entzündungfördernder entzündungshemmende Stoffe zu produzieren. Sie schreiben dabei vor allem dem so genannten Interleukin-10, einem Botenstoff des Immunsystems, eine wichtige Rolle bei der Hemmung von Entzündungen zu.

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Mansour Mohamadzadeh (Northwestern University, The Feinberg School of Medicine in Chicago) et al: PNAS Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1073/pnas.1005066107 dapd/wissenschaft.de – Anke Biester
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