Folsäurepräparate können das Fortschreiten bestimmter Krebsarten verhindern und auch den Rückgang der Krankheit fördern. Das folgert ein italienisches Forscherteam aus den Ergebnissen einer kleinen Studie mit Patienten, die an einer so genannten präkanzerösen Kehlkopf-Leukoplakie litten. Dabei handelt es sich um eine Verdickung der Rachenschleimhaut, aus der sich sehr häufig bösartige Tumoren bilden. Bei 33 der 43 untersuchten Probanden verkleinerte sich die Gewebeveränderung nach der Behandlung mit hoch dosierter Folsäure um mindestens die Hälfte und verschwand bei einigen sogar vollständig. Folsäurepräparate könnten daher zur Krebsvorsorge bei solchen Risikofällen eingesetzt werden, glauben die Forscher.
Die auch als Vitamin B9 bekannte
Folsäure kommt vor allem in grünem Blattgemüse, in Leber und in Milch vor, wird aber auch zunehmend in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt. Nach der Aufnahme wird die Folsäure für verschiedene lebenswichtige Reaktionen des Stoffwechsels verwendet, darunter zum Beispiel die Bildung und Reparatur des Erbguts oder der Umbau der als schädlich geltenden Aminosäure
Homocystein zum harmlosen Methionin. Bereits früher hatten Untersuchungen an Tieren und Menschen gezeigt, dass zwischen Folsäuremangel, dem dadurch bedingten erhöhten Homocystein-Spiegel im Blut und verschiedenen Krebsarten ein Zusammenhang bestehen könnte. Einige Studien lassen zudem vermuten, die Einnahme von Folsäurepräparaten oder hohen Mengen an Folsäure mit der Nahrung könnte einen Schutz gegen Krebs bieten.
In ihrer Arbeit verabreichten Giovanni Almadori und seine Kollegen nun 43 Patienten mit einer Kehlkopf-Leukoplakie drei Mal täglich fünf Milligramm Folsäure. Diese Menge ist mehr als 35-mal höher als die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Tagesdosis von 400 Mikrogramm. Sechs Monate nach Beginn der Studie war die Gewebeveränderung laut der Forscher bei 19 der Patienten um mindestens 50 Prozent zurückgegangen und bei 12 der Probanden sogar ganz verschwunden. Bei den restlichen 12 Teilnehmern konnten Almadori und seine Mitarbeiter allerdings keine Wirkung feststellen. Der Folsäurespiegel aber sei bei allen Patienten angestiegen, schreiben die Forscher, und die Mengen an Homocystein hätten dementsprechend abgenommen.
In einer anderen Studie, in der die Leukoplakie mit so genannten Retinoiden behandelt worden sei, sei die Gewebeveränderung zwar bei mehr Patienten vollständig verschwunden, sagt Almadori. Die Folsäure sei aber weniger schädlich als die mit dem Vitamin A verwandten Retinoide. “Die Einnahme von Folsäurepräparaten könnte daher besonders bei Patienten mit Folsäuremangel das Risiko senken, dass sich die präkanzeröse Leukoplakie zu Krebs entwickelt”, meint der Wissenschaftler.
Giovanni Almadori (Università Cattolica del Sacro Cuore, Rom) et al.: Cancer (Ausgabe vom 15. Juli) ddp/wissenschaft.de ? Katharina Schöbi