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Mit genetischen Tricks gegen den Kartoffelkäfer

Erde|Umwelt

Mit genetischen Tricks gegen den Kartoffelkäfer
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Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) © Sher Afzal Khan, Max Planck Institute for Chemical Ecology
Viele Missernten sind ihm schon zu verdanken: Der Kartoffelkäfer und seine dicken Larven können Kartoffelfelder schnell ratzekahl fressen. Die Bekämpfung der hartnäckigen Biester ist schwierig, denn sie entwickeln zunehmend Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel. Deutsche Forscher haben nun durch spezielle gentechnische Tricks Kartoffelpflanzen entwickelt, die den Käfern schlecht bekommen. Sie veränderten die Pflanzen so, dass sie doppelsträngige RNA-Moleküle (dsRNAs) in ihren Chloroplasten bilden, die gegen lebenswichtige Gene des Kartoffelkäfers gerichtet sind. Nagen die Schädlinge an diesen sogenannten tranplastomischen Kartoffelpflanzen, fallen sie schon bald tot vom Blatt.

Das Konzept der Forscher um Ralph Bock vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm basiert auf der sogenannten RNA-Interferenz (RNAi). Es handelt sich dabei um einen natürlichen Prozess der Genregulation. Pflanzen, Pilze und Insekten schützt das RNAi-System aber auch vor bestimmten Viren. Bei einer Infektion schleusen diese Erreger ihre Erbsubstanz in Form von doppelsträngiger RNA (dsRNA) in die Zellen ihres Opfers ein, um sich dort vermehren zu lassen. Das RNAi-System kann erkennen, dass in einer Zelle eine Vervielfältigung der viralen RNA stattfindet – dann zerhackt dieses Abwehrsystem die Fremd-RNA in kleine Stücke. Diese Bruchstücke, sogenannte siRNAs (small interfering RNAs), kann die Zelle dann wiederum  für die Erkennung und Zerstörung der fremden RNA nutzen.

Ein natürliches System als Werkzeug der Gentechnik

In der Gentechnik wird das RNAi- System bereits seit einiger Zeit gezielt eingesetzt: Um ein bestimmtes Gen auszuschalten, bringt man dsRNAs in eine Zelle ein, die genau zur Boten-RNA (mRNA) des Zielgens passt. Wählt man als Ziel ein lebenswichtiges Gen eines Schädlings, so wird dessen Aktivität ausgeschaltet und das Insekt stirbt. In diesem Fall  wirkt die dsRNA  also wie ein Insektizid. Die dsRNAs kann auch über das Futter in das Verdauungssystem des Insekts gelangen und dann schließlich in seine Zellen.

Wissenschaftler haben bereits zuvor Pflanzen so verändert, dass sie dsRNAs gegen bestimmte Insekten produzierten. „Dies hat die Pflanzen aber nicht vollständig geschützt „, erklärt Ralph Bock vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie. „Schuld daran ist das pflanzeneigene RNAi-System, das die Ansammlung größerer Mengen fremder dsRNA verhindert. Als mögliche Lösung dieses Problems erschien uns deshalb die Produktion von dsRNA in den Chloroplasten.“ Diese Zellorganellen in den Blattzellen besitzen selbst eigenes Erbgut, aber kein RNAi-System. Daher entschieden sich die Forscher, sogenannte transplastomische Pflanzen herzustellen. Das sind Pflanzen, bei denen nicht das Kerngenom, sondern das Genom der Chloroplasten gentechnisch verändert ist.

Eine sinnvolle Alternative für chemische Käfer-Killer?

„Mit Hilfe der Chloroplastentransformation ist es uns gelungen, Kartoffelpflanzen herzustellen, die große Mengen langer dsRNAs stabil in den Chloroplasten anreichern“, so Bock. Die Wissenschaftler überprüften anschließend die Wirksamkeit spezieller dsRNAs, die sich gegen bestimmte Gene des Kartoffelkäfers richten. Sie untersuchten dann den Effekt auf Larven des Kartoffelkäfers, die neun Tage mit den Blättern unterschiedlicher Kartoffelpflanzen gefüttert wurden. „Fressen Larven transplastomische Kartoffelblätter, deren dsRNA gegen das Aktin-Gen des Käfers gerichtet ist, sterben sie innerhalb von fünf Tagen zu 100 Prozent“, erklärt Co-Autor Sher Afzal Khan vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena.

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Die Forscher sehen in ihrem Erfolg großes Potenzial: Da Insekten zunehmend Resistenzen gegen chemische Pestizide und auch biologische Mittel wie Bakterientoxine entwickeln, sei die RNAi-Technologie eine zukunftsweisende Strategie in der Schädlingsbekämpfung. Die Methode ermöglicht gezielten Schutz ohne Chemikalien und ohne die Produktion fremder Proteine in der Pflanze, sagen die Forscher. Dennoch bleibt eines natürlich zu bedenken: Auch bei transplastomischen Pflanzen handelt es sich um gentechnisch veränderte Organismen. Bei vielen Menschen werden sie deshalb auf Ablehnung stoßen.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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