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Mit Kohlenhydraten gegen ALS

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Mit Kohlenhydraten gegen ALS
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Können Kohlenhydrate die KRankheit verzögern? (thinkstock)
Bei amyotropher Lateralsklerose (ALS) sterben jene Nervenzellen in Hirn und Rückenmark, die unsere bewussten Muskelbewegungen steuern. Wer an dieser tödlichen Krankheit leidet, verliert nach und nach die Fähigkeit, sich zu bewegen, zu sprechen, zu schlucken, sogar zu atmen. Heilbar ist ALS nicht. Doch nun sind Forscher einer simplen Methode auf der Spur, ihren Verlauf zu verlangsamen: Sie verabreichen den Patienten besonders kalorienreiche Nahrung.

Der wohl prominenteste ALS-Patient ist Steven Hawking. Seit 51 Jahren lebt er mit der Nervenerkrankung, die nach und nach seine Motorneuronen zerstört. Damit ist er ein kleines medizinisches Wunder: Die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Diagnose liegt bei drei Jahren. In Deutschland leiden 6.000 bis 7.000 Menschen an ALS. Erst seit knapp zweieinhalb Jahren wissen Forscher, dass sich in Gehirn und Rückenmark der Betroffenen defekte Proteine ablagern. Sie zerstören jene Nervenzellen, über die wir Befehle an unsere Muskeln schicken. 

Heilbar ist ALS nicht. Lediglich der Wirkstoff Riluzol ist zur medikamentösen Behandlung zugelassen. Er kann den Krankheitsverlauf geringfügig verlangsamen. Doch die Hinweise mehren sich, dass es noch eine weitere Therapiemöglichkeit gibt: kalorienreiche Nahrung. Vergangene Studien haben gezeigt, dass leicht übergewichtige Patienten länger mit der Krankheit leben können. In Mäuseversuchen starben jene Tiere später, deren Futter reich an Fett und Kohlenhydraten war. Ursache für den schnellen Abbau vieler Patienten könnte daher sein, dass die Erkrankten oft nicht genügend Kalorien zu sich nehmen; zudem vermuten Forscher, dass ALS die Stoffwechselaktivität des Körpers in die Höhe schraubt.

Anne-Marie Wills von der Harvard Medical School und ihre Kollegen untersuchten nun erstmals in einer randomisierten, doppelblinden Studie,  wie sicher und verträglich eine kalorienreiche Ernährung für Menschen mit ALS ist – und ob sie positive Wirkung zeigt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift „The Lancet”. 20 Patienten nahmen an der Studie teil. Sie alle wurden bereits über eine sogenannte PEG-Sonde ernährt – einen Schlauch, der durch die Bauchdecke direkt in den Magen führt. Seit Beginn der Krankheit hatten sie im Schnitt zwanzig Prozent ihres Körpergewichtes verloren. Die Probanden erhielten über einen Zeitraum von vier Monaten spezielle Nahrung. Sechs Patienten nahmen so viele Kalorien zu sich, wie sie verbrauchten; die übrigen Teilnehmer nahmen 125 Prozent ihres Tagesbedarfs zu sich, abgedeckt entweder durch mehr Fette oder mehr Kohlenhydrate.

Kohlenhydrate hatten die größten Vorteile

Die Patienten vertrugen die kalorienreiche Ernährung gut. Besonders ermutigend waren die Ergebnisse jener Gruppe, die  viele Kohlenhydrate zu sich nahm, wie die Forscher berichten. Ihre Mitglieder litten deutlich seltener unter Verdauungsbeschwerden als die Patienten, die viel Fett erhielten. Außerdem stieg ihr Gewicht monatlich im Schnitt um 390 Gramm. Probanden in der Kontrollgruppe brachten es lediglich auf 110 Gramm; wer fettreiche Kost erhielt, verlor pro Monat sogar 480 Gramm an Gewicht. Auch schwerwiegende gesundheitliche Zwischenfälle traten in der Kohlenhydrat-Gruppe am seltensten auf. Nach fünf Monaten, zum Ende des Studienzeitraums, waren all ihre Mitglieder noch am Leben. In der Fett-Gruppe war ein Patient, in der Kontrollgruppe drei Patienten verstorben.

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„Obwohl die Teilnehmerzahl gering war, stimmen uns die Ergebnisse der Studie optimistisch”, sagt Studienleiterin Wills. Die Ernährung umzustellen, wäre ein besonders einfacher – und offenbar sicherer – Weg, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen. Nun sollen größere Studien folgen, die bereits früher nach der Diagnose ansetzen. Ammar-Al-Chalabi vom King’s College schreibt in einem begleitenden Kommentar: „Ich werde meine Patienten auf Grundlage dieser Studie nicht anders beraten, aber ich bin gespannt auf die Ergebnisse einer größeren Phase-III-Studie.” Sie müsse zeigen, ob die ermutigenden Ergebnisse aus der kleinen Gruppe einer Überprüfung standhalten.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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