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Natürliche Alternative zu Glyphosat entdeckt?

Erde|Umwelt

Natürliche Alternative zu Glyphosat entdeckt?
Keimlinge im Wachstumstest: Während die Kontrollgruppe (links) sich normal entwickelt, verkümmern die Pflänzchen bei der Gabe von Glyphosat (unten) aber auch durch den neuen Wirkstoff 7dSh (oben). (Bild: Klaus Brilisauer)

Ein harmloser Naturstoff, der Unkraut vernichten kann: Forscher haben bei Cyanobakterien eine Substanz entdeckt, die dem umstrittenen Glyphosat Konkurrenz machen könnte. Es handelt sich um eine speziell strukturierte Zuckerart, die einen Stoffwechselweg blockiert, der nur in Pflanzen und Mikroorganismen vorkommt. Erste Untersuchungen der Substanz und ihrer Wirkung haben zu vielversprechenden Ergebnissen geliefert, berichten die Forscher.

Wo Unkraut sprießt, schwindet der Ertrag. Dieser eindeutige Zusammenhang steckt hinter dem immensen Verbrauch von Unkrautvernichtungsmitteln in der Landwirtschaft. Das wichtigste Herbizid ist in diesem Zusammenhang Glyphosat, das unter dem Handelsnamen Roundup bekannt geworden ist. Es handelt sich um ein sogenanntes Totalherbizid – es vernichtet bei Kontakt jegliches Grün. Landwirte benutzen es vor allem, um erst einmal tabula rasa auf dem Acker zu schaffen. Nach dem Abbau der Substanz können sie dann die Nutzpflanzen auf den „gereinigten“ Flächen ausbringen. Außerdem wird Glyphosat beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen eingesetzt, die gegen den Wirkstoff immun gemacht wurden.

Wegen seiner zunächst ideal wirkenden Eigenschaften machte Glyphosat große Karriere, denn es galt neben seiner Wirksamkeit auf Pflanzen auch lange als unbedenklich für Mensch und Tier. Doch in den letzten Jahren hat sich dieses Bild deutlich gewandelt: Einige Studien attestierten dem Herbizid eine krebserregende Wirkung, was heftige Kontroversen ausgelöst hat. Letztlich bedeutete das: Weniger problematische Alternativen zu Glyphosat sind stark gefragt.

Die Waffe eines Winzlings

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Der neue Hoffnungsträger stammt nun aus dem Süßwasser-Cyanobakterium Synechococcus elongatus. Aufmerksamkeit erregte diese Mikrobe zunächst durch ihre Fähigkeit, das Wachstum verwandter Bakterienstämme zu hemmen, um sich gegen sie durchzusetzen. Auf der Suche nach der Ursache für diesen Effekt, gelang es den Forschern um Klaus Brilisauer von der Universität Tübingen, den verantwortlichen Naturstoff zu identifizieren und zu charakterisieren: Bei der sogenannten 7-desoxy-Sedoheptulose (7dSh) handelt es sich um ein Zuckermolekül mit einer erstaunlich einfachen, aber sehr effektiven chemischen Struktur, geht aus den Ergebnissen hervor.

Wie die Wissenschaftler betonen, stammen Wirkstoffe für den Pflanzenschutz oft ursprünglich aus Lebewesen. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie harmlos sind. Diese Substanzen können komplex aufgebaut sein, aber auch vergleichsweise einfach – bei 7dSh ist genau das der Fall. Die Wirkung des Zuckermoleküls beruht auf seiner Funktion als sogenannter Antimetabolit, erklären die Wissenschaftler. Diese Substanzen treten in Wechselwirkung mit lebenswichtigen Prozessen in der Zelle, weil sie Stoffwechselprodukten ähneln. Dies führt zur Störung des betroffenen biologischen Prozesses, was zu Wachstumshemmung oder gar zum Tod der betroffenen Zelle führen kann.

Wirkung ohne Nebenwirkung?

Wie die Forscher zeigen konnten, blockiert 7dSh ein Enzym des sogenannten Shikimatwegs. Es handelt sich dabei um einen Stoffwechselprozess, der nur in Mikroorganismen und Pflanzen vorkommt – nicht aber in tierischen Lebewesen. Interessanterweise setzt auch das Glyphosat an genau diesem Stoffwechselweg an. „Anders als bei Glyphosat handelt es sich bei dem neu entdeckten Desoxy-Zucker aber um ein reines Naturprodukt, für das eine gute Abbaubarkeit und eine geringe Ökotoxizität erwartet wird“, sagt Brilisauer. Durch Tests konnten die Forscher bereits zeigen, dass die neue Substanz eine ähnlich hemmende Wirkung auf das Pflanzenwachstum hat wie das umstrittene Totalherbizid. Somit zeichnet sich eine mögliche Kombination von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ab.

Ob 7dSh allerdings tatsächlich hält, was es verspricht, müssen nun erst Langzeitstudien zeigen. Die Wissenschaftler sind allerdings zuversichtlich – sie glauben, dass der Naturstoff zukünftig gesundheitlich bedenkliche Herbizide ersetzen könnte. Man darf also gespannt sein, was sich aus dieser vielversprechend wirkenden Geschichte entwickeln wird.

Quelle: Universität Tübingen, Nature Communications, doi:10.1038/s41467-019-08476-8

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