Diese Veränderung ist ansteckend: Ein falsch gefaltetes Prion bringt andere Proteine seiner Art dazu, sich ebenfalls zu verändern. Bisher wurde angenommen, dass eine solche Prionenaktivität immer negative Auswirkungen für den Körper hat. Denn in allen bekannten Fällen führt der Übergang in die falsch gefaltete Form wie bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zu Schäden im umliegenden Gewebe. Völlig überraschend stießen Eric Kandel und seine Kollegen von der Columbia-Universität in New York und dem Whitehead-Institut in Cambridge (USA) jetzt jedoch auf ein Eiweiß, das offenbar in seiner Prionenform eine wichtige Rolle beim Speichern von Erinnerungen spielt.
Das fragliche Protein namens CPEB befindet sich im Gehirn an den Übergangstellen von einer Nervenzelle zur anderen, den so genannten Synapsen. Diese Verbindungen werden beim Lernen und dem Aufnehmen neuer Eindrücke stabilisiert und können so Informationen über lange Zeit speichern. CPEB stellt die Stoffe her, die diese Nervenverbindungen stabilisieren. Erst bei einer genaueren Untersuchung von CPEB in einem Labormodell stießen die Forscher auf die besonderen Eigenschaften des Proteins: Genau wie ein Prion änderte CPEB seine Form und brachte andere Eiweißmoleküle dazu, das gleiche zu tun.
Offensichtlich sei CPEB in seiner herkömmlichen Faltung weniger aktiv und erreiche seine maximale Wirkung erst nach dem Übergang in die Prionenform, schreiben die Wissenschaftler. Theoretisch mache gerade die schnelle und einfache Umfaltung von der normalen in die Prionenform Prionen so gut geeignet für das Speichern von Erinnerungen. Ob die Laborergebnisse jedoch tatsächlich auf die Funktion von CPEB im Gehirn höherer Tiere übertragbar ist, wissen die Forscher noch nicht. Sie vermuten jedoch, dass Prionen nicht nur im Gedächtnis, sondern auch an anderen Stellen im Körper normale biologische Funktionen erfüllen.