Mehr als ein Drittel aller Orchideen belohnen ihre Bestäuber weder mit Pollen noch mit Nektar – und werden trotzdem befruchtet. Die Forscher um Ann Smithson aus Großbritannien und der Tschechischen Republik fragten sich, was Hummeln zu diesen „ertraglosen“ Blüten lockt und ob diese bevorzugt werden, wenn sie Orchideen nachahmen, die Pollen enthalten. Über ihre Ergebnisse berichten sie in den Proceedings der königlichen Gesellschaft in London (Bd. 269, S. 1389).
Unerfahrene Hummeln landeten wahllos auf Blüten und befruchteten sie so. Sie erkannten keinen Unterschied zwischen den Orchideen, die sie mit Pollen versorgen und den Pflanzen, bei denen sie leer ausgehen. Die alten Hasen unter den Hummeln verhielten sich wählerischer: Sie erkannten an der Form der Blütenkelche, welche Orchideen Futter bereit hielten. Konnten die Hummeln nur aus Pflanzen ohne Pollen wählen, orientierten sie sich an der Farbe des Blütenkelchs. Sie bevorzugten Orchideen, deren Blütenfarbe den Blumen glich, bei denen sie bereits Nahrung gefunden hatten.
Welche Rolle die Blütenfarbe bei den Betrügern unter den Orchideen spielt, hängt also davon ab, wie erfahren ihre Bestäuber sind und welche Blumen in ihrer Umgebung wachsen. Früh blühende Orchideen beispielsweise müssen keine pollenhaltige Blüte imitieren, da die meisten ihrer Bestäuber unwissend sind und sie unvoreingenommen ansteuern.
In ihrer Untersuchung verglichen die Forscher zwei Orchideenarten, von denen nur eine Pollen enthält. Die Arten können beide rot und gelb blühen, unterscheiden sich aber in der Form ihrer Blütenkelche. Um den Einfluss der Kelchfarbe zu testen, kombinierten die Wissenschaftler nur rote oder nur gelbe pollenhaltige Orchideen mit roten und gelben pollenlosen Pflanzen.
Barbara Witthuhn