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Pilzseuche bedroht Schlangen

Erde|Umwelt

Pilzseuche bedroht Schlangen
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Diese Schwarznatter (Coluber constrictor) zeigt erste Anzeichen der Pilzinfektion an den Augen und den Schuppen der Schnauze (Foto: USGS National Wildlife Health Center/ D.E. Green)
Ob Salamander, Frösche und Kröten oder aber Fledermäuse: Weltweit breiten sich tödliche Pilzkrankheiten bei diesen Tiergruppen aus. Jetzt haben Forscher auch bei Schlangen eine gefährliche Pilzseuche entdeckt. Im Osten der USA sind bereits 23 Schlangenarten befallen, darunter auch drei Arten, die in Europa vorkommen. Das Bedrohliche daran: Der Erregerpilz scheint weder auf bestimmte Schlangengruppen noch auf bestimmte ökologische Vorlieben der Schlangen spezialisiert zu sein. Das macht alle Schlangen weltweit zu potenziellen Opfern, warnen die Forscher.

Schon seit mehreren Jahren führt die Amphibienseuche Chytridiomykose zum Absterben ganzer Populationen von Fröschen und Kröten. Diese vom pathogenen Pilz Batrachochytrium dendrobatidis ausgelöste Infektionskrankheit steht im Verdacht, die Hauptursache für das Verschwinden von mehr als 200 Amphibienarten zu sein. Der ansteckende Pilz dringt über die dünne, feuchte Haut der Amphibien in ihren Körper ein und verursacht dann ihren Tod. Während dieser vor allem für Frösche und Kröten tödliche Pilz hauptsächlichin Asien grassiert, breitet sich eine eng verwandte Pilzart, Batrachochytrium salamandrivorans, bei uns in Europa rasant aus und bedroht die heimischen Feuersalamander. Doch Amphibien sind nicht die einzigen Opfer von gefährlichen Pilzerkrankungen – vor allem in den USA sterben auch tausende von Fledermäusen an einer Pilzseuche. 

Jetzt auch bei Schlangen

„Einige der tödlichsten Tierseuchen, darunter das Weißnasen-Syndrom bei Fledermäusen und die Chytridiomykose bei Amphibien werden durch pilzliche Erreger verursacht“, erklärt Koautor Jeffrey Lorch vom US Geological Survey (USGS). „Diese Krankheiten haben so schwere Auswirkungen, weil sie gleich mehrere Arten befallen können.“ Hinzu kommt, dass Forscher lange annahmen, dass es nicht im Interesse von Krankheitserregern sein kann, ganze Populationen ihrer Wirte auszurotten. Doch bei den jüngsten Pilzseuchen der Amphibien und Fledermäuse sind die Erreger offenbar so aggressiv und leicht übertragbar, dass genau dies schon mehrfach vorgekommen ist.

Jetzt haben die Wissenschaftler eine weitere Tiergruppe ausgemacht, die akut durch einen pathogenen Pilz gefährdet sein könnte: die Schlangen. Im Osten der USA sind bereits 23 Arten von einer Krankheit betroffen, die von dem Pilz Ophidiomyces ophidiodiicola verursacht wird. Der Befall äußerst sich zunächst nur durch Hautveränderungen, vor allem an Kopf und Schnauze, aber auch an andern Körperteilen treten Verkrustungen und geschwürartige Hautläsionen auf. „Bei milden Fällen kann die Häutung offenbar noch gegen diese Pilzkrankheit helfen“, sagen die Forscher. „Aber die Bedingungen, in denen die Schlangen leben, können auch zu lebensbedrohlichen Infektionen führen.“ Wie die Wissenschaftler beobachteten, verursachen die Hautläsionen nicht nur Gewebeverletzungen, sie beeinflussen auch das Verhalten der Schlangen: Weil diese längere Zeit zum Häuten brauchen oder sogar ihre alten Häute wegen der Hautschäden gar nicht mehr richtig abstreifen können, werden diese Schlangen eine leichte Beute für Räuber.

Nicht auf bestimmte Arten oder Lebensräume beschränkt

Um die potenzielle Gefahr durch diese pilzliche Schlangenseuche zu ermitteln, haben die Wissenschaftler untersucht, wie spezifisch der krankmachende Pilz ist: Befällt er möglicherweise nur bestimmte Verwandtschaftsgruppen innerhalb der Schlangen? Eine Analyse der bereits befallenen Schlangenarten und ihrer Verwandtschaftsverhältnisse lieferte eine Antwort – leider keine sehr gute: Die 23 bereits befallenen Schlangenarten sind nicht näher miteinander verwandt als jede beliebige andere Gruppierung von Schlangen. „Unser Modell fand keinerlei phylogenetische Spezialisierung außer: Du musst eine Schlange sein, um befallen zu werden“, berichtet Erstautor Frank Burbrink vom American Museum of Natural History in New York. „Das bedeutet: Alle Schlangen können sich infizieren oder sind es bereits.“

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Ebenfalls bedrohlich ist ein zweites Ergebnis der Studie: Der Pilz Ophidiomyces ophidiodiicola scheint auch keinerlei Präferenzen für bestimmte Lebensräume der Schlangen oder Lebensweise zu haben. „Unter den befallenen Schlangenarten sind sowohl terrestrische als auch aquatische und in Bodenhöhlen lebende Arten, sie sind sowohl lebendgebärend als auch eierlegend und nachtaktiv wie tagaktiv“, berichten die Forscher. Die Ernährungsweise der Schlangen scheint dem Pilz ebenfalls völlig egal zu sein, denn zu den befallenen Spezies gehören neben wirbeltierfressende Arten auch solche, die nur Schlangen oder vorwiegend wirbellose Tiere fressen. „Das ist wirklich ein Worst-Case-Szenario“, sagt Burbrink. „Denn damit könnte Ophidiomyces ein Risiko für Schlangen auf der ganzen Welt sein.“

Noch ist nicht geklärt, wie stark diese neue Schlangen-Pilzseuche die Populationen der Schlangen dezimiert und ob auch sie ähnlich wie der Amphibienpilz sogar zum Aussterben von Populationen oder sogar ganzer Arten führen kann. Dennoch raten die Forscher zu Vorsicht und weiteren Untersuchungen. „Aus 25 Jahren Erforschung der Amphibienseuche haben wir Wissenschaftler einiges gelernt – und eines davon ist, dass Vorbeugung die beste Maßnahme ist“, sagt Koautorin Karen Lips von der University of Maryland. Es sei nun dringend nötig zu verhindern, dass sich die Pilzseuche auch in andere Regionen der USA oder bis nach Europa ausbreite. Im Fall der Chytridiomykose hat sich gezeigt, dass vor allem der Handel mit Amphibien wahrscheinlich entscheidend zur Verbreitung des tödlichen Amphibienpilzes beigetagen hat. Bei den Schlangen gilt es dies nun zu verhindern.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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