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Regenwald heilt langsamer als gedacht

Erde|Umwelt

Regenwald heilt langsamer als gedacht
Laubstreufrosch
Laubstreufrosch Phrynobatrachus guineensis (Bild: Mark-Oliver Rödel/Museum für Naturkunde Berlin)

Wie lange benötigt ein Wald, um sich von Abholzungen und anderen menschlichen Eingriffen zu erholen? Das haben Wissenschaftler an Regenwaldflächen in der Elfenbeinküste untersucht, in denen bis vor 45 Jahren Bäume gefällt worden sind. Sie stellten fest: Selbst nach so langer Zeit hat sich das Waldökosystem noch nicht vollständig regeneriert. Die Waldstruktur ist noch immer verändert und einige Froscharten sind bis heute nicht zurückgekehrt.

Der Taï Nationalpark in der westlichen Elfenbeinküste ist der größte noch verbleibende Regenwald in Westafrika. Wie viele andere tropische Wälder auf der ganzen Welt steht das Gebiet unter großem Druck: Straßenbau, Land- und Forstwirtschaft haben den Lebensraum für zahlreiche Arten stark eingeschränkt, hinzu kommen zunehmend unberechenbare Regenfälle. Jahrzehntelang wurde zudem die Abholzung in diesem Gebiet kaum eingeschränkt.

Wie lange benötigt ein Wald zur Regeneration?

Ein Forschungsteam um Tokouaho Flora Kpan vom Museum für Naturkunde in Berlin hat die Chance genutzt, im Taï Nationalpark zu untersuchen, wie lange es dauert, bis sich ein Wald von Eingriffen des Menschen erholt. Dafür untersuchten sie im Abstand von gut 15 Jahren mehrere Waldstücke, in denen 30 beziehungsweise 45 Jahre zuvor noch Bäume gefällt wurden. „1970 wurde hier noch Holz geschlagen“, erklärt Co-Autor Raffael Ernst von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. „Seither konnte der Wald natürlich regenerieren. Wir wollten wissen, ob die Artenvielfalt und -zusammensetzung wiederhergestellt sind.“

Dafür analysierten die Wissenschaftler zum einen Struktur, Artenzusammensetzung und Alter der Bäume im nachgewachsenen Wald, um die Veränderungen des Habitats zu erfassen. Zum anderen ermittelten sie, wie sich die Amphibienfauna in diesen Waldstücken im Vergleich zu unberührten Regenwaldflächen verändert und entwickelt hat. „Amphibien eignen sich besonders gut als Indikator für Umweltveränderungen“, erklärt Kpans Kollege Mark-Oliver Rödel. „Sie verfügen über komplexe Lebenslaufstrategien und schnelle Vermehrungszyklen und haben daher oft spezialisierte Ansprüche an ihren Lebensraum.“ Die Forschenden untersuchten die Populationen von insgesamt 33 Froscharten in einem vormals bewirtschafteten Gebiet, verglichen sie mit Daten aus dem Jahr 2000 und mit dem umliegenden, unberührten Wald.

Auch nach 45 Jahren noch nicht wieder der Alte

Die vergleichenden Untersuchungen ergaben: Obwohl sich der Wald insgesamt erholt hatte, weicht die Zusammensetzung der Arten auch mehr als vierzig Jahre nach der Abholzung noch immer stark vom ursprünglichen Zustand ab. Im nachgewachsenen, „sekundären“ Wald fehlen vor allem große, Struktur gebende Bäume. „Bisher ging man in der Forstwirtschaft davon aus, dass es etwa dreißig Jahre braucht, bis sich ein Wald erneuert und man überhaupt nur darüber nachdenken kann, ihn wieder wirtschaftlich zu nutzen”, sagt Ernst. „Nun sehen wir, dass es wohl eher 40 bis 60 Jahre braucht, bis das ursprüngliche Ökosystem in seiner Tiefe und Breite wiederhergestellt ist.“

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Das zeigte sich auch an den Amphibien in den nachgewachsenen Waldgebieten: Einige Froscharten sind selbst nach 45 Jahren noch nicht wieder in die renaturierten Wälder zurückgekehrt. Die Vielfalt der Amphibien bleibt in diesen Arealen dadurch weiterhin hinter der unberührter Waldstücke zurück – trotz der langen Regenerationszeit. Ein Beispiel ist Phrynobatrachus guineensis, eine winzige, aber gut kletternde Laubstreufroschart mit orangefarbenen Zehen. Die Kaulquappen brauchen 21 Tage, um sich vollständig zu entwickeln, gedeihen aber ausschließlich in kleinen wassergefüllten Baumlöchern oder Schneckenhäuschen. „Die Frösche folgen dem Wachstum der Bäume. Die langsamsten Organismen setzen den Takt für die schnelllebigen“, erklären die Forschenden.
Das komplexe Wechselspiel verschiedener Lebewesen in einem Ökosystem müsse stets mitbedacht werden.

Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung; Fachartikel: Forest Ecology and Management, doi: 10.1016/j.foreco.2021.119489

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